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Freitag, 4. April 2014

Familienbanden Anno Kautabak























ich hatte auch mal ne Tante
die jeden Tag mit mir rannte
und einen Onkel hatte ich mal
der machte aus allem ein Skandal
ein Opa wusch mir stets die Ohren
der andere schickte mich zu den Toren
eine der Cousinen zwickte mich
eine andere kam mir liederlich

ein Cousin wollte mit mir verreisen
ein anderer flog mit mir und den Meisen
ein Bruder schlug mich fürchterlich
ein anderer stets vergaß er mich
ein Vater hat mir alles nachgemessen
ein anderer 10 Jahre ohne mich gesessen
eine Mutter gab mir Brot mit Marmelade
einer anderen war ich für alles zu schade

so zog ich hin und zog daher
fiel vieles mir im Leben schwer
und vieles leicht wie Schaumgebäck
erfüllte alles bei mir seinen Zweck
ein Kuckuckskind im Rabennest
ein Flatterkind fürs bunte Lebensfest
ein Runnig Gag in illustren Runden
hat ein jeder was an mir gefunden

ja, auch hatte ich diese Schwester
bei der war ich ihr Bester
und auch ein junger Kaplan
hatte mit mir manch guten Plan
ein Lehrer schenkte mir seine guten Noten
schlug mir niemals nicht die Pfoten
ich durfte auch mal inne Kirche rein
da sollte ich sogar Vorsänger sein

egal, was solls, ihr hört es schon
mal gibt’s was, mal auch keinen Lohn
es lebt sich leicht mit Fremdgefieder
drum sing ich bass so munter Lieder
über Familienbanden Anno Kautabak
ist auch ab ihr Lack, ja, ab der Lack

(c) zeichnung + text jörn laue-weltring bad wildungen 2014

Samstag, 5. Oktober 2013

Zum Welttag des Lehrers



Nicht geahnt haben die Väter und Mütter der Schulen, dass sie mit deren Einrichtung jenen Menschen einen Unterschlupf schufen, die in der Welt mit verqueren Füßen und Händen herumgeistern und wenig anfangen können mit sich und den Gewerken. Erst in den Schulen blühen sie auf, erklären dort gut geschützt die Welt zum Bildungsobjekt und dass sie nur dazu da sei, etwas zu lernen. Man schickte ihnen Kinder und Geld, mit der Zeit mehr Kinder und mehr Geld und so dachten diese Menschen, das mit ihnen alles in Ordnung sei.
Der Staat handelte fürsorglich an ihnen, schickte sie nach der Schule zur Hochschule, von der sie direkt wieder zurück in die Schulen durften. So brauchten sie keinen unangenehmen Umweg über das Leben außerhalb der Schulen zu machen.
Da aber dieses Leben für sie Unterrichtsstoff war und sie nicht selten auch Vertretung in Fächern machen mussten, die sie gar nicht gelernt hatten, meinten viele von ihnen mit der Zeit, dass man alles lernen könne, wenn man es nur richtig beigebracht bekomme. Über das „richtige Beibringen“, Pädagogik genannt, wurden gar viele schlaue Bücher geschrieben, aber nur sehr wenig umgesetzt, da auch die Lehrer dem allgemeinen gesellschaftlichen Stresssymptomen anheimfielen. In der Folge davon mussten viele, aus ihrer Sicht viel zu früh, dann doch die Schulbänke für immer verlassen, was aber zu keinen größeren Schäden führte, da sie in Pension gingen. Und da sie einfach nicht aussterben, diese Menschen, die nur in Schulen zu gebrauchen sind, was in letzter Zeit, zwar öffentlich in Frage gestellt wird, aber doch wohl Fakt ist und bleibt, schicken wir ihnen bestimmt auch noch in den nächsten Jahrzehnten unsere Kinder und das nötige Kleingeld, damit sie den Bauleuten mit ihren Häuslespezialwünschen auf den Nerv gehen können, oder den Buchhändlern, oder den Schlachtern, allen die in ihren Augen nicht genug wissen, das Falsche gelernt haben, auf jeden Fall zu wenig und daher unbedingt der Unterweisung von ihnen, den Lehrern bedürfen.
Und so sei ihnen der Welttag der Lehrer von Herzen gegönnt, denn worüber könnten wir sonst so herrlich meckern, schimpfen und lästern, wenn es sie nicht für uns so herrlich besserwisserisch, weltfremd und „pädagogisch engagiert“ gäbe? Und was wäre unsere Kindheit ohne sie, ihre Sechsen und Einser, ihre Sprüche wie „schon wieder nur ausreichend!“, „Leider ein Mangelhaft“, „Hier, befriedigend, streng Dich mal wieder an!“
Ja, die Lehrer in den Schulen. Hoch sollen sie leben und möglichst schnell und weit weg aus unserem Leben.

Mit freundlichen Grüßen Hein Kannitverstan

Sonntag, 9. Juni 2013

Kopierte Wahrheit



„Im Buch liegt die Wahrheit für Euch bereit“, betonte der alte Hans Wehrmann, ihr Klassenlehrer, mit ernster Stimme, meinte aber nicht die Bibel sondern ihre Schulbücher, die sie gerade vorzuzeigen hatten. Einige Kinder legten verschämt gebrauchte Exemplare mit Eselohren und vielen Spuren der Benutzung durch ihre Vorgänger vor ihm auf den Tisch, andere präsentierten stolz ihre neuen, frisch in der Buchhandlung gekauften Exemplare.
Der Lehrer ließ sie einzeln vortreten zum Pult und kontrollierte, ob die Bücher dem gewünschten Stand und Auflage Jahr entsprächen.
Der „wilde Thomas“, Sohn vom Molkereimeister Armsen, meldete sich. Der Lehrer ignorierte ihn erst, nahm ihn aber dann doch dran, in der Hoffnung, der Junge wolle nur auf die Toilette.
„Ja, was ist denn Armsen?“
„Herr Wehrmann. Sie kontrollieren doch jetzt, ob unsere Bücher auch aktuell sind?“
„Ja. Das siehst Du doch.“
„Heißt das, dass die Wahrheit in den Büchern veraltet?“
Hans Wehrmann sah seinen Schüler nachdenklich an.
„Ja, Wahrheit kann veralten. Beziehungsweise überholt sein. Durch neue Erkenntnisse.“
„Dann ist die Wahrheit, Herr Wehrmann, also immer nur in den neuesten Büchern enthalten?“
Der Lehrer sah sich seinen Schüler genauer an, der nicht zufällig nur der „wilde Thomas“ genannt wurde. Was führte der Bengel im Schilde?
„Ja! Das heißt auch nein! Denkt an Goethe oder Schiller, die veralten natürlich nicht, eher umgekehrt. Sie werden immer wieder neu aktuell und helfen uns auch morgen der Wahrheit näher zu kommen.“
Er spürte wie jetzt alle Kinder neugierig ihn ansahen und gespannt zuhörten.
„Das heißt sie kontrollieren, ob unsere Bücher noch der Wahrheit entsprechen?“
„So könnte man es auch sehen, Armsen, richtig.“
„Und unsere Eltern müssen deswegen das Geld ausgeben, ein „Schweinegeld“ wie mein Vater sagt, damit wir die richtige Wahrheit finden können?“
Hans Wehrmann hatte genug, die Unterrichtsstunde verging viel zu schnell und er musste noch die Bücher der halben Klasse nach sehen. Deswegen sagte er jetzt nichts, nickte nur.
„Und warum, Herr Wehrmann, geben Sie uns dann nur schlechte Kopien, will mein Vater wissen, und warum sollen wir aus denen lernen und benutzen die Bücher so wenig?“
Darauf also lief es hinaus. Wehrmann sah die Kinder feixen. Seine ganze 6. Klasse feixte und strahlte, sah teils bewundernd, teils nur vergnügt zum „wilden Thomas“ hin.
„Wenn es Deinen Vater so interessiert, soll er das beim nächsten Elternabend ansprechen. Sag‘ ihm das, Armsen.“
„Uns interessiert es aber auch, Herr Wehrmann! Warum gehen Sie nicht nach den Büchern vor, wenn doch die Bücher die Wahrheit enthalten, die wir lernen sollen?“
„Ja, weil es eben auch andere Bücher und Texte gibt, die zum Teil noch besser sind!“
„Und warum kaufen wir dann diese Bücher und die anderen nicht?“
Es kam kein Klingelton, der Hans Wehrmann aus der Fragerei befreit hätte. Er verfluchte bereits innerlich seinen offensichtlich ungeschickten Versuch, den Kindern die wahre Bedeutung ihrer Bücher näher zu bringen.
„Weil sie vorgeschrieben werden, von den Politikern. Und die Kopien mache ich Euch, damit ihr es besser verstehen könnt.“
„Dann wäre es doch viel sinnvoller und billiger, wenn diese Bücher hier einmal als unsere Bibliothek der Wahrheit stehen und sie uns das, was wir davon benutzen sollen, als Kopien geben, wie die anderen auch! Sagt mein Vater!“
„So, so, sagt Dein Vater. Der Staat sagt aber etwas anderes und damit Schluss jetzt Thomas. Wir müssen fertig werden.“
Hans Wehrmann ärgerte sich über sich selbst. Natürlich hatte der Vater vom „wilden Thomas“ aus seiner Sicht recht. Aber wen interessierte das in diesem Land, wohin könnte er sich mit dieser Kritik wenden? Wie so oft in solchen Situationen zählte er im Stillen seine letzten Jahre bis zur Pensionierung.
Der „wilde Thomas“ gab aber noch nicht auf. „Kann ich meinem Vater sagen, dass wir die Bücher brauchen um die Wahrheit zu haben, die aktuelle und was wir davon lernen sollen, eben Kopien der Wahrheit sind, wenn auch schlecht kopiert, die besser zum Lernen sind als die Wahrheit in den Büchern?“
„Meinetwegen, aber lass doch mal das Wort Wahrheit weg! Das habe ich doch ganz anders gemeint. Was meinst Du eigentlich dauernd mit „schlechten Kopien“?“
„Na, die sind doch oft krumm und schief, sagt mein Vater und zum Teil kaum zu lesen.“
„Das liegt an unserem alten Kopierer.“
„Der kopiert krumm und schief? Und wieso sind die genauso krumm und schief, wie die, die unsere Geschwister in den Jahren zuvor erhalten haben?“
Jetzt lachten die Kinder, wussten sie doch alle, dass die Lehrer nicht aufpassten beim Kopieren und zu hastig waren, sie oft die Kopien aus den Vorjahren einfach weiter benutzten und deshalb diese unschönen Zettel aus dem Kopierer kamen. Hans Wehrmann sah ein, dass er diese Schlacht verloren hatte, egal, eine von vielen, darauf kam es auch nicht mehr an. Trotzdem achtete er bei den nächsten Kopien darauf und ließ alle alten Kopien verschwinden. Den Kindern fiel es nicht weiter auf, hatten sie doch längst mit anderen Problemen zu kämpfen.

(c) Karrikatur Anja Rieger 2007, Text Jörn Laue-Weltring 2013