Dienstag, 10. Januar 2012

Ansprache des Oberbürgermeisters von Lingen beim Neujahrsempfang, Dieter Krone


"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich darf Sie alle herzlich zum Bürgerempfang 2012 begrüßen und Ihnen ein glückliches, friedvolles, erfolgreiches und gutes Jahr 2012 wünschen. Es freut mich sehr, dass so viele von Ihnen der Einladung gefolgt sind und ich hoffe, dass wir bei vielen Gesprächen und guter Musik gemeinsam schwungvoll ins neue Jahr starten können. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei der Gruppe Molto Vocale bedanken. Sie haben uns mit Ihrem Handwerkerlied schon passend eingestimmt und ich freue mich auf die Zugabe.
...
Bürgerempfang 2012 - das heißt, Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, stehen heute im Mittelpunkt. Doch was bedeutet das eigentlich für Sie, die Sie in Lingen wohnen, leben und arbeiten? Was ist Lingen für Sie?
Dazu haben wir Bürgerinnen und Bürger, Pendler sowie Gäste unserer Stadt in unserem neuen Imagefilm befragt. Dieser Film soll künftig auf Messen oder auch bei besonderen Veranstaltungen gezeigt werden. Ab morgen können Sie ihn auch auf unserer Internetseite und unserem Facebook-Auftritt sehen. Jetzt aber erst einmal viel Vergnügen bei der Premiere von „Lingen - das bist Du“.

Was prägt das Herz unserer Stadt? Das habe ich mich in meiner Vorbereitung zu diesem Tag und auf diese Rede gefragt: Wofür steht unsere Heimatstadt? Was macht Lingen aus - einmal für mich persönlich, aber auch in meinem Amt als Lingener Oberbürgermeister?
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die wirtschaftlichen Aspekte zählen, dass es das kulturelle Angebot und die soziale Infrastruktur sind, die den Reiz einer Stadt ausmachen. Doch prägt das alles wirklich das Herz unserer Stadt?
Letztendlich ginge doch jegliche Wirtschaftskraft, jegliches Kultur- und Betreuungsangebot ins Leere, wenn nicht Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, hier leben und arbeiten und wohnen und somit auch unsere Stadt mit Leben füllen würden.
Auch wenn Sie alle vielleicht nicht immer im Fokus der Öffentlichkeit stehen, sondern vielmehr Themen wie die EmslandArena, der Emsauenpark oder auch der Ausbau der Hallen I und II diskutiert werden, so sind es doch in Wirklichkeit Sie alle, um die es am Ende geht!
- Sie sind es, die hier wohnen, arbeiten und die letztendlich - wie in dem Film gerade dargestellt - Ihre Kinder in den Kindertagesstätten gut versorgt wissen.
- Sie sind es, die später einmal in der Emsland-Arena stehen und zu den Liedern von Udo Lindenberg oder Clueso mitrocken oder aber mit der HSG Nordhorn/Lingen um den Sieg im entscheidenden Aufstiegsspiel fiebern.
- Sie sind es, die hier Ihr Geld verdienen und beispielsweise in einem der Lingener Unternehmen unser Land mit Energie versorgen.
- Sie sind es, die etliche Stunden Ihrer Freizeit damit verbringen, sich um andere zu kümmern oder aber im Falle eines Bombenfundes - wie im letzten Jahr - die Betroffenen zu evakuieren und für die Sicherheit in unserer Stadt zu sorgen.
- Und, nicht zu vergessen, Sie sind es, die durch die Straßen unserer Innenstadt flanieren und bei schönem Wetter in eines der vielen, gemütlichen Straßencafes einkehren oder aber durch die Geschäfte ziehen auf der Suche nach den neuesten Trends und der angesagtesten Mode.
Sie sind Lingen, meine Damen und Herren!
Oder anders herum gesagt: „Lingen, das bist Du!“

Jede Stadt und jede Kommune lebt von ihren Bürgern! Das bedeutet einerseits, dass jeder Einzelne von Ihnen gefragt ist, mit zu gestalten und mitzuwirken in unserer Stadt. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass wir als Stadt alles dafür tun müssen, um neue Menschen in unserer Stadt begrüßen zu können.
Drei große Themenkomplexe werden uns meiner Ansicht nach im Jahr 2012 sowohl auf Bundesebene als auch regional hier in Lingen vorrangig beschäftigen. Angesichts der sehr niedrigen Arbeitslosenquote, die aktuell in Lingen nur noch 2,8 Prozent beträgt, wird uns in erster Linie das Thema Fachkräftemangel oder besser Fachkräftebedarf massiv in Anspruch nehmen. Das zweite Thema umfasst den weiten Komplex der Energiewende und der damit verbundenen Neuorientierung auch für Lingen. Und das dritte Thema wird das der aktiven Bürgerbeteiligung in politischen und gesellschaftlichen Prozessen sein.

Lassen Sie mich zunächst auf den Komplex „Fachkräftebedarf“ eingehen:
Der Landkreis Emsland hat zusammen mit der Ems-Achse und dem Wirtschaftsverband in diesen Tagen zum Thema Fachkräftebedarf eine Idee vorgestellt. Unter der Regie des Landkreises landeten über die Weihnachtsfeiertage 120.000 Türanhänger - mit einem aufgedruckten Hirschlogo - in allen Postkästen der Region. Nach dem Motto „Mama und Papa wollen nur Dein Bestes“ wollten die Akteure darauf aufmerksam machen, dass auch das Emsland moderne Jobs bietet und eine attraktive Region ist. Damit sollen sich junge Menschen nach dem Studium oder der Ausbildung wieder zurück ins Emsland orientieren.

Zurück ins Emsland! Bei diesem Appell müssen wir uns natürlich auch in Lingen fragen lassen: Sind wir attraktiv für zukünftige Bürgerinnen und Bürger? Können wir im Wettbewerb mit anderen großen Städten mithalten? Wie sind wir aufgestellt und wo wollen beziehungsweise müssen wir weitere Verbesserungen erreichen?
Werfen wir zunächst gemeinsam einen Blick auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftskraft unserer Stadt. Dass sich der Weg für Studenten und Absolventen zurück in unsere Stadt lohnt, das beweisen die derzeit rund 23.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigen und die zahlreichen attraktiven Arbeitsplätze. Jeder Einzelne von Ihnen allen - sei es die Frau im Steuerberater-büro, der Arbeiter im


Heizungsbaubetrieb oder die Altenpflegerin im Seniorenzentrum - Sie alle zusammen verkörpern mit den 3.400 ansässigen Firmen aller Branchen eindrucksvoll die Wirtschaftskraft unserer Stadt. Zu den Unternehmen zählen dabei Ein-Personen-Betriebe, der Mittelstand, aber auch Weltkonzerne. Große familiengeführte Firmen wie Rosen, Müller, Kampmann oder Mainka, aber auch Aktiengesellschaften wie RWE, BP und GDF Suez, um hier nur einige zu nennen. Teilweise gehören die Unternehmen und Firmen zu den Weltmarktführern in ihrer Branche. Für Schulabgänger und Hochschulabsolventen bieten sich somit vielfältige Einstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt.
Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistungen bilden in Lingen einen gesunden Branchenmix. Nicht umsonst hat die Wirtschaftskrise hier nicht so stark durchgeschlagen, wie in anderen Regionen.

Besonders ausgeprägt ist bei uns der Bereich Energiewirtschaft. Lingen hat sich durch die gewaltigen, zukunftsträchtigen Investitionen von 750 Millionen Euro in den letzten drei Jahren seitens des RWE-Konzerns zu einem der modernsten und größten Energiestandorte Europas entwickelt. Erst vor wenigen Wochen konnten wir neue Vorschaltgasturbinen in Betrieb nehmen. Insgesamt werden heute über sechs Millionen Haushalte von Lingen aus mit Strom versorgt. Das ermöglicht unter anderem eines der effektivsten und umweltschonendsten Gaskraftwerke der Welt.

Gerade Lingen als „Stadt voller Energie“ muss sich angesichts der anstehenden Energiewende allerdings fragen, wo die Reise hingehen soll. Spätestens 2022 wird das Kernkraftwerk Emsland vom Netz gehen. Indirekt betroffen davon sind zahlreiche weitere Unternehmen und Dienstleister in der Region.
Ein großes Standbein der hiesigen Wirtschaft bricht damit weg. Doch auch wenn dieser Wechsel sicherlich viele Veränderungen und eventuell Einbrüche mit sich bringen wird, so müssen wir ihn gleichzeitig auch als Chance verstehen. In intensiven Gesprächen der letzten Monate mit der RWE-Konzernzentrale sind die gemeinsamen Interessen in die langfristige Sicherung des Standortes Lingen herausgestellt worden. Nur durch nachhaltig angelegte und zukunftsträchtige Investitionen können wir die hoch spezialisierten Fachkräfte halten. Wir haben die Chance und müssen sie aktiv nutzen, um neue Technologien und Unternehmen aus dem Energiesektor nach Lingen zu holen.
Nicht nur vor dem Hintergrund der Energiewende stellt das 21. Jahrhundert eine besondere Herausforderung dar.

Auch Partnerschaften und insbesondere Familien wird in unserer heutigen Zeit ein hohes Maß an Flexibilität abverlangt, das sich auf die gesamte Familie auswirkt. Wenn es um die Wahl des zukünftigen Lebensmittelpunktes geht, spielen insbesondere die weichen Standortfaktoren eine gewichtige Rolle - dabei entscheidet die ganze Familie, wo sie leben möchte.
Auch wenn der Film bewusst eine Arbeitnehmerin gezeigt hat, so bietet die Zahl der derzeit erwerbstätigen Frauen bei uns im Emsland einen eher nüchternen Anblick: Mit nur 37 Prozent liegt das Emsland deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (46 Prozent) und bildet eines der Schlusslichter bundesweit. Keine Kommune, keine Stadt kann es sich heute noch erlauben, auf Frauen in der Arbeitswelt zu verzichten.

So hat auch die Industrie- und Handelskammer im letzten Jahr ganz bewusst das Motto „Gemeinsam für Fachkräfte“ gewählt und Strategien zur Bekämpfung des Fachkräftemangels erarbeitet. Ein wesentlicher Punkt: die bessere Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt.
Es ist längst an der Zeit, umzudenken. Das muss einmal in den Köpfen jedes Einzelnen von uns passieren. In den Köpfen der Familie, die es möglich macht, dass sowohl Frau als auch Mann arbeiten geht. Und in den Köpfen der Unternehmer, die das Potenzial der Frauen erkennen und ihnen beispielsweise flexible Arbeitszeit- oder auch Homeoffice-Modelle bieten.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfen wir nicht außer Acht lassen. Damit meine ich sowohl die Kinderbetreuung als auch die Pflege von Angehörigen, die sicherlich für viele von Ihnen schon heute zum Alltag gehört. Hier müssen die genauen Bedürfnisse des Einzelnen erkannt und entsprechende Möglichkeiten geschaffen werden.
Lingen - das bist eben Du!! Jeder Einzelne ist hier gefragt.

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