Sonntag, 7. April 2013

Der Protest der Worte






















Bei der ersten internationalen Konferenz der menschlichen Äußerungen beschwerte sich gleich zu Anfang vor allem die Delegation der Wörter mit Vehemenz über schwere Diskriminierungen und, was ihnen am meisten weh täte, überhand nehmender Missachtung und schweren Missbrauch.

Nichts sei es mehr mit „Ein Mann ein Wort“ oder „besser ein lebendes Wort als hundert tote“, auch glaube niemand mehr „dem Wort, gesagt, getan!“. Nichts davon sei noch wahr.

Stattdessen würden sie in Filmchen versteckt oder mit Musik aufgeweicht und süßlichen Bildchen über und über verzuckert. Auch dem Luther würde nicht mehr gefolgt, der habe doch immerhin das Verdienst, auf die Bedeutung der Worte hingewiesen und sie unter dem Volk verbreitet zu haben. Und dann ließen sie auf der Leinwand hinter dem Präsidium einige Beispiele laufen.

Betroffen sahen die Delegationen sich an, manche mit schlechtem Gewissen, hatten doch auch sie sich angewöhnt, die Worte eher gering zu achten und mehr als nette Beigabe und Verzierung zu betrachten.

Die Delegation der Melodien hatte schließlich ein einsehen und nahm die Delegationsmitglieder der Worte leise summend in den Arm und bei sich auf.

Einstimmig wurde daraufhin beschlossen, den Worten den Platz zurück zu geben, der ihnen gebührt.

Nur die Taten mussten erst überredet werden, die hatten den Worten noch nie über den Weg getraut.

„Für die Wahrheit“, argumentierten sie, „braucht es nicht viel Worte.“ Und einer meinte im Versuch die Stimmung auf zu heitern: „Worte sind genug, Eier legen die Hühner!“

Die Bilder gaben zu:“Ein Bild ist oft besser als tausend Wörter“ bis der Leiter der Delegation der Zornausbrüche lapidar da zwischen rief: „Besser auf Worte hören als auf Schläge warten!“

Die Debatte zog sich also etwas turbulent dahin, die Taten mussten unbedingt noch den alten Kram „Auf Worte kommt’s nicht an, die Tat macht den Mann“ zum Besten geben oder „eine gute Sache braucht nicht viel Worte“ und „Tugend besteht nicht aus Worten“ bis sie sich angesichts der bedröbbelten Mienen der Worte und strafenden Augen der Melodien alle einen Ruck gaben und zur Solidarität mit den Worten aufriefen.

Das Podiumsmitglied aus der Delegation der Sehnsüchte rief schließlich das Schlusswort in den Saal:“Worte haben Flügel“ und auf denen flogen sie alle davon, froh darüber, miteinander geredet zu haben.

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