Sie
trafen sich im Tal, verliebten sich, kamen zusammen, was durchaus ungewöhnlich war,
kam er doch von da und sie von dort, zogen zusammen, wo sich ihre Wege gekreuzt
hatten, los auf den Berg, den höchsten, den sie finden konnten.
Sie
dachten, nur der könne ihrer Liebe angemessen sein.
Unterwegs
hinkte sie, stürzte er, lagen beide flach auf dem Bauch, auf dem Rücken, die Sterne
zu schauen oder das Spiel der Sonnenstrahlen an den Hängen, in den Blättern der
Baumkronen oder Büsche. Zogen trotzdem immer weiter hinauf, eine Rast hier,
eine da, mal schnell, mal langsam, gingen dabei mal tage-, ja wochenlang gar nicht weiter.
Wie
es ihrer Liebe entsprach, stellten sich unterwegs Kinder ein, drei an der Zahl,
trugen sie, zeigten ihnen Stock und Stein, halfen ihnen, drückten von hinten,
zogen von vorne, immer den Berg hoch. Jahr um Jahr, bis sie alt geworden, grau
ihr Haar.
Da
sagten die Kinder ihnen, es sei genug. Sie sollten nun hier oben rasten und so
taten sie, bewunderten das Tal da unten, die anderen Berge rings um, den Himmel
über ihren Köpfen und sagten sich, dass sie es weit gebracht hätten und für die
Kinder nun nicht mehr so lang der Weg sei. Und starben mit einem glücklichen
Lächeln im Gesicht.
Traurig
schulterten ihre Kinder sie und trugen sie Jahr um Jahr zurück in das Tal, um
sie dort zu beerdigen.
Der
Dorfvorsteher aber schaute traurig ob ihrer Tat und fragte sie, ob sie denn gar
nichts verstanden hätten, warum sie denn die beiden nicht dort oben bestattet
hätten.
„Ohne
kirchlichen Segen?“ fragten sie entsetzt.
„Meine
Kinder, dafür wären sie aber dem Himmel dort doch viel näher gewesen als hier
unten!“
Da
sahen sich die Kinder betreten an. Bis der Älteste trotzig rief: „Aber wir, wir
haben doch wohl auch das Recht auf einen eigenen Berg?!“
„Ja,“
antwortete der Vorsteher ihm milde:“gewiss, aber was braucht es dafür Eure
beiden Alten hier unten? Die müssen Euch nun von unten, statt wie sie es
wollten, von oben Euch dabei zu sehen, liegen hier nah bei der Hölle statt dort
nah beim Himmel.
Und
Ihr? Ihr werdet Stück für Stück Euch von Ihnen entfernen und schon bald sie aus
den Augen verlieren.“
„Ich
nicht“, rief da der Jüngste, „ich bringe sie zurück nach oben. Das wird jetzt
mein Weg.“
So
geschah es und bald schon sahen sie sich nur noch von Weitem, konnten sich kaum
noch erkennen, nur als kleine schwarze Punkte an den Berghängen. Aber verloren
sich doch nie dabei aus den Augen und stiegen hinauf, fanden die Liebe,
verloren sie auch, bekamen Kinder und stiegen aufwärts bis auch ihre Zeit
gekommen war.
Der Jüngste aber hatte die Eltern so ins Grab gebracht, dass alle
immer einen Blick während ihres Aufstiegs dorthin werfen konnten.
(c) Bild (Blick vom Wendelstein) + Text: Jörn Laue-Weltring
(c) Bild (Blick vom Wendelstein) + Text: Jörn Laue-Weltring
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