Es
war einmal in der alten Reichsstadt Nürnberg ein Kaufmann, der konnte nichts
anderes als reicher werden und noch reicher. Eines Tages war er so reich
geworden, dass die anderen Kaufleute beschlossen, ihn zu ihrem Bürgermeister zu
wählen, hofften sie doch auf diese Weise selber auch reicher zu werden, dank
ihm.
Eines
Tages nun saß der Mann in der großen Lorenzkirche hörte entsetzt, wie der
Priester vorne düster sagte: „Und Christus sprach: eher geht ein Kamel durch
ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel gelangt.“
Das
fuchste unseren frisch gebackenen Bürgermeister sehr und in der Nacht konnte er
nicht einschlafen. Er hatte schlimme Träume von der Hölle und wünschte sich
nichts mehr, als nach seinem Tode ins Paradies zu gelangen.
„Bin
ich im Leben reich geworden, dank Gottes Hilfe, wird er mir doch wohl auch
einen Weg zeigen, wie ich trotzdem in den Himmel komme,“ dachte er am Morgen
und machte sich an seine Vermögensvermehrung. Gegen Abend ging er noch zum
Rathaus und sah davor einen Ablasshändler des Papstes wie ein altes Marktweib Ablassbriefe
anbieten. Gerade wollte er sich dem Manne zu wenden, da sah er, dass der nur
von armen Leuten umringt war, ja sogar ein paar Bettler, die immer vor der Lorenzkirche
im Eingang rumlagen, standen bei ihm.
„Wenn
das für Arme reicht, reicht es für mich bestimmt nicht. Denn die kommen ja
leichter als ich in den Himmel, “ dachte er bei sich und setzte seinen Weg
fort.
Als
er an diesem Abend spät nach Hause kam, besprach er sich mit seiner Frau, was
zu tun sei. Schließlich einigten sie sich auf eine Wallfahrt, möge dabei der
Herr ihm einen Weg weisen.
Wenig
später begab sich der Kaufmann auf eine der damals noch unzähligen Wallfahrtswege
und kam am Zielort in einer großen, gotischen Kirche an, in deren Altarraum
mehrere Schreine mit den Reliquien von Heiligen und sogar ein Splitter vom
Kreuz Christie ausgestellt waren, wunderbar von Gold und Edelsteinen umgeben, in
edlen Gehäusen gelagert.
Da
kam dem Manne die, wie ihm schien, rettende Idee.
„Was
die Pfaffen mit ihren Bischöfen können, kann ich doch leicht: was muss mir eine
Reliquie im Himmel einbringen, die ich selber besitze, wenn es für die Armen
schon durch einem Besuch bei ihnen reicht?“
Er
war ein Mann der Tat und konnte gar nicht schnell genug nach Nürnberg zurück
kommen um seinen Gedanken um zu setzen. Auch fürchtete er, angesichts seines
Alters und mancher zunehmender Wehwehchen, nicht mehr rechtzeitig zu sein für
die Ausführung und damit drohte ihm ja noch ganz gewaltig die Hölle.
Zu
Hause setzte er alle Leute in seinem Kontor auf die Jagd nach Reliquien. Rasch
bekam er sie und es erging ihm wie mit seinem Reichtum, schon bald hatte er
mehr davon als jede Kirche oder jedes Kloster im Land und dann schon mehr als
alle zusammen. Nur von Christus selber oder seinem Kreuz hatte er noch nichts.
Er ließ direkt beim Papst anfragen, ob der ihm nicht weiter helfen könne. In
Rom war man darüber sehr erfreut, hatte sich doch bereits rumgesprochen, wie
viel Geld der Mann aus dem fränkischen Nürnberg für Reliquien zu zahlen bereit
war.
Und
so machten sie ihm den Vorschlag einer Pilgerreise, nannten eine ungeheuer
große Summe für zwei Nägel, die angeblich die Hände von Christus am Kreuz
gehalten hatten und der Mann fuhr begeistert los mit seiner Kutsche und rastete
und ruhte kaum, bis er endlich im Vatikan eintraf. Dort bezahlte er den
verlangten Preis und nahm stolz die Nägel in Empfang.
Als
er zurückfuhr war er sicher, es geschafft zu haben und freute sich, auch im
Himmel so bevorzugt behandelt zu werden wie auf Erden.
Kaum
in Nürnberg angekommen wurde er verhaftet und in die tiefen Verließe unter dem
Rathaus eingesperrt. Der Mann hatte bei seiner Jagd auf Reliquien nämlich
seinen ganzen Reichtum eingesetzt und dazu noch das Geld der Stadtkasse und von
anderen Bürgern, Geld dass er eigentlich vermehren sollte und nun für Reliquien
ausgegeben war.
Sie
machten ihm den Prozess und er musste den Rest seines Lebens im Kerker verbringen,
denn Eigentum war den Nürnberger Kaufleuten schon immer heiliger als alle Reliquien.
Und
wie ging es unserem ehemaligen Bürgermeister und einstmals reichsten Mann
Nürnbergs dort unten?
Der
schlief ruhig, freute sich, lachte bisweilen sogar über sich. Glaubte er doch,
dennoch in den Himmel zu gelangen: war er denn jetzt nicht der ärmste Hund der Stadt
geworden und kein reicher Mann mehr?
Und
er war auch keineswegs seinen Richtern gram, dieselben Kaufleute, die ihn einst
zum Bürgermeister gewählt hatten, glaubte er doch, dass die armen Kerle die Ewigkeit
in der Hölle verbringen müssten, während er beim lieben Gott das Paradies
genießen dürfte.
Die
Nürnberger aber nannten ihn von da an, wenn mal die Rede auf sein Schicksal kam,
nur „das Kamel, das unbedingt durchs Nadelöhr wollte“ und meinten einhellig, dass
ihm nichts als Recht geschehen war.
Und
was geschah mit seinen Reliquien? Die wurden in das zurück verwandelt, was den
Nürnberger Kaufleuten noch lange am wichtigsten war: viel Geld. Und es kam
sogar mehr Geld zusammen, als er dafür ausgegeben hatte, denn sie waren gute
Kaufleute. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
(basierend
auf einer wahren Begebenheit in genannter Stadt)
©
Bild und Text: Jörn Laue-Weltring, Lingen 2013
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