Sonntag, 14. April 2013

Pierre Albert-Birot



Beim Aufräumen gefunden, zu lange nicht mehr gelesen 1: 

 

Pierre Albert-Birot

Der 1876 in Anggoulême geborene Pierre Albert-Birot, zunächst als Bildhauer, Maler und Stuckateur tätig, wurde erst spät, durch die Umstände des 1. Weltkrieges zum Schriftsteller Als wehruntauglich erklärt, konnte er sich ausschließlich seiner literarischen Selbstverwirklichung widmen. 1916 gründete er die literarische Zeitschrift „SIC“ in der sich die Avantgarde darstellte: Apollinaire, Aragon, Breton, Cocteau, Picabia, Radiguet, Soupault, Tzara, Matisse, Picasso und Satie waren unter den Mitarbeitern.  Zur gleichen zeit entstand das erste Buch von „Grabinoulor“, sein Hauptwerk, an dem er bis kurz vor seinem Tode arbeitete. Er gab es 1921 im Selbstverlag heraus.
Mit dem Ende des Krieges erschien die letzte Nummer von „SIC“. Danach arbeitete er als Restaurateur, um für den Unterhalt seiner Familie sorgen zu können. Zurückgezogen verfasste er Theaterstücke, Gedichte, Romane, Filmdrehbücher und Hörspiele. Er starb 1967, mit 91 Jahren, in Paris.
„Geht man vom Jahrgang aus, gehört Pierre Albert-Birot sicherlich nicht mehr zu den Autoren der Gegenwartsliteratur. Setzt man jedoch die literarische Schaffensperiode als Maßstab an, reiht sich Albert-Birot, der erst als knapp Vierzigjähriger zu schreiben begann, in die Generation der Surrealisten ein, von denen einige ihm übrigens ihre ersten Gedichtpublikationen zu verdanken haben.
Wenn es so etwas wie „verkannte Dichter“ gibt, ,Poètes à l'Ecart', dann ist dieser Autor einer von ihnen; denn obgleich in vielem ein Vorläufer, gehörte er zeit seines Lebens zu den Vergessenen, den unbeachtet Gebliebenen. Lange bevor es die Lettristen gab, stellte er in seiner Dichtung Experimente an, wie sie von dieser Gruppe später wieder aufgenommen wurden. Er schrieb typographische Gedichte, Simultangedichte, Plakatgedichte, Gedichtobjekte, und von seinen Gedichten „zum Schreien und Tanzen“ schreibt Maurice Nadeau, es seien „Innovationen, die die Surrealisten in Erstaunen und Bewunderung versetzen.“ Die französischen Konkreten sehen ihn als einen der ihren an, doch erst langsam dringt sein Name, wenigstens in Frankreich, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.“ (Aus KLfG siehe auch Munzinger Archiv.)













 




 




Pierre Albert-Birot, „Grabinoulor“: 5. Kapitel

Eines Tages begann Grabinoulor alle Stunden seines Lebens zu bereuen die er nicht gelebt hatte und er beschloss sogleich alle seine Sekunden zu leben doch nach sehr wenigen Minuten musste er aufhören zu leben denn er war so müde dass er den Tod neben sich spürte er war schon um einen Monat gealtert zum Glück schaukelte vor ihm gerade eine grünblaue Libelle gefällig auf der Spitze eines Haferhalms und als er sie betrachtete fand er mindestens vierzehn Tage des Monats wieder die er verloren hatte als er zu viel verdienen wollte und da er von da aufzubrechen gedachte um in die Liebe der Männer für die Frauen zu sehen versuchten kleine verkorkste Unannehmlichkeiten ihm an die Kehle zu springen Grabinoulor schnitt eine Grimasse und schüttelte sich kräftig wie ein von fliegen belästigtes Pferd worauf die kleinen Unannehmlichkeiten Angst bekamen und sich entfernten und zu sich sagten dass sie wiederkommen würden wenn sie größer wären doch es geschah diese außergewöhnliche Sache Grabinoulor hatte vollkommen den Tag das Datum und die Stunde der Zeit verloren die er an diesem Tag durchlebte und er hatte sich so sehr verirrt dass er fast in der Ewigkeit ankam  und als er anfing Dinge zu sehen wie er sie noch nie gesehen hatte fügten sich Zeichen zusammen und sagten ihm heute ist Mittwoch und fast augenblicklich fand er das Datum und die Stunde wieder und ihm schien als sei er ein Hund den man vor seiner Hütte anbindet und er setzte sich auf den Meeressand und fand ein großes Vergnügen dabei mit seiner Hand alle Formen seiner Füße kennenzulernen.

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