Montag, 14. November 2011

Iran today and lyriks


Ein wunderbares Land. Eine großartige Geschichte, eine Kultur die auch uns in Europa befruchtet hat und ein so schäbiges, fürchterliches Heute.Verdanken wir dem Orient neben vielem anderen nicht genau das: die lyrische Sprache, die Öffnung zur Liebe hin zwischen zwei Menschen, offen ausgesprochen und mit allem Feinsinn bis in die Sexualität? Das ist für mich die besondere Tragödie: das barbarische Heute im arabischen Raum und die so ungeheuer starke Menschlichkeit in der Geschichte. War nicht besser und reicher dran, wer vom Islam erobert wurde als von den europäischen Ritterhorden? ! Auch Europa verdankt einerseits der Kirche aus Rom viel Kultur und den Römern unser Rechtssystem, aber auch sie haben uns nur bedingt gut getan. Wir können die Geschichte nicht ändern, nur versuchen sie postiv für uns zu interpretieren. Mit positiv meine ich im humanen Sinn und daher nie objektiv. Denn objektiv gesehen quillt aus der Geschichte jeden Landes viel Scheisse (entschuldigt den Ausdruck), subjektiv läd sie aber vielleicht doch zur Hoffnung und Veränderung zum positiven ein.
 
 
Ich lasse euch mein Gedicht da, denn ich bin heute erst einmal weg. Heute Abend habe ich eine Lesung aus meinem Buch, das mit dem Frühling endet, der zum Winter wurde und unser alle Hoffnung zerschlug:

Iranischer Frühling
© Aramesh

...
In welcher Gasse der Zeit
ist der Frühling verloren gegangen,
dass die Vögel nicht mehr singen?

Auf meinen grünen Augen,
wachsen schwarze Tulpen
unter der Sonne des Vergessens.

Statt süßer Küsse huschen
Ratten über Granatapfelmünder
und pressen Pflaster darauf.

Rechenaufgaben mit Blut
auf Stein geschrieben werden gelöscht
durch den Klang der Peitsche.

Murmelnde Greise verschließen
Türen, auf dass schöne Mädchen
hinter den Gittern verkümmern.

Und oben auf den Minaretten
zählen schwarze Fledermäuse
die Gräber unserer Kinder.
 
Iran (für Barbara Naziri, wenn auch längst nicht so, wie sie es ausdrücken kann)

Bei mir kam der Schah
Von Persien zum Abendbrot
...
Auf dem Küchentisch aufgeschlagen
Seine Soraya und später die Farah Diba

Bei mir kam Persien
In der Schule vor, schöne Bilder
Von kriegerischen Streitwagen, bärtigen Kriegern

Tausend und eine Nacht habe ich
Erst viele Jahre später damit in Verbindung gebracht
Und die persischen Ärzte und Verse von Liebe und Sexualität

Aber getanzt und gejubelt
Habe ich anlässlich des Sturzes des Schahs
Und mich befreit gefühlt auch von der Regenbogenpresse

Bitter empfand ich den Sieg der Mullahs
Den Rückfall in die Barbarei des Mittelalters und deren Kriege
Leid taten mir die Freunde aus dem Iran, der Verrat an ihrem Widerstand

Von Kultur war in all der Zeit
Nie die Rede, nur von Neuzeit, Technik, Glauben und abstrakter Demokratie,
so blieb unverstanden, was die Bevölkerung zu diesem Regime trieb.

Lange ist es her, dass wir für das Volk des Iran
Die Straßen mit unserem Widerstand schmückten und damit uns selbst
Längst sind wir eingefangen in der alltäglichen Rationalität faulender Kompromisse

Und verstehen nicht mehr, dass es
Auch um unser Leben geht, unsere Kultur und Identität.
Wer zu lange den Falschen aus den Händen fraß, ist bald selber dran

Gefressen zu werden.

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