Donnerstag, 28. November 2013

Brennende Geduld frei nach Brecht


Und dann war da noch der alte Weise, der, weil er bereits heilig war, als einziger noch lebend in dem abgebrannten Haus gefunden wurde. Ansonsten nur Leichen, vom Parterre bis zum Penthouse, alle Bewohner verkohlt, inmitten der Asche ihrer geliebten Einrichtungsgegenstände.
Auf die mehr und mehr genervten Nachfragen der ermittelnden Polizei hin erzählte der Weise schließlich leise, wie er mehrfach, dabei erhob er seinen Zeigefinger gen Himmel, wie gesagt mehrfach, die Bewohner auf den beginnenden Brand hingewiesen habe, aber keiner bereit gewesen wäre, das Haus zu verlassen, bis er schließlich verzweifelt alle Stockwerke abgerannt sei, wenigstens ein paar oder zumindest einen von ihnen zu retten.
Was diese denn für Gründe angegeben hätten für ihr Verbleiben? „Viele, “ seufzte der Weise, „zu viele“.
Der älteste Polizist trat an den Heiligen heran und versuchte ihn zu trösten.
„Das hier kenne ich von Brecht. Sie sind da offensichtlich nicht allein.“
„Wenn es denn nur bei Brecht bliebe, sehen sie, um uns herum brennt es auch bereits und wir kümmern uns um alte Asche und Argumente von Leuten, die aus Furcht etwas zu verlieren und sei es nur ihre Bequemlichkeit, alles verloren haben.“
Erschrocken drehten sich alle um und tatsächlich, sie waren bereits fast von den Flammen umzingelt. Aber keiner machte sich auf, den letzten freien Weg zur Flucht zu nutzen.
„Was erwartet uns dahinter? Heiliger, können sie uns das sagen?“
„Hier, das kann ich euch sagen, erwartet Euch der Tod, “ und er dachte still bei sich: „Nicht schon wieder, wird langsam langweilig.“ Wie man sieht, verfügen auch die Heiligen und Weisen nicht über unbegrenzte Geduld.

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