Hätten wir
wohl weniger gestritten zwischen den Generationen, nach diesem Krieg, nach
diesen Teufelsjahren, hätten wir die Bilder geahnt, die Worte gefunden, wie sie
so tief in uns lagen, dank ihrer unbewussten Übertragungs- und Verdrängungskünste,
die uns quälten bei Nacht, uns quälten bei Tag, die qualvoll uns antrieben in
der Nähe der anderen?
Hätten wir
verstanden, wie Leid verbinden und Schuld teilbar sein kann oder wären wir uns
erst recht an die Gurgeln gefahren, hätten wir gar zugedrückt?
Was trieb uns
an und in dieser Weise?
Die Sehnsucht
nach Schweigen im lauten Wortgeschacher, die Sehnsucht nach Sprache im Bunker
des Schweigens?
Was trieb
uns? Und was auseinander? Wie viel und was wäre uns und anderen erspart
geblieben ohne diesen unbewussten Kampf?
Und was wäre
auf der Strecke geblieben, könnte heute leuchten ohne diesen Widerstand,
diesen Protest, diese Überschwemmung, die mehr hinweg spülte, als wir uns je
hätten vorstellen oder vornehmen können?
Hätten wir
einen Weg finden können, über all die Verbrechen und das Schweigen hinweg?
Und wer hätte
das uns zumuten dürfen? Auf welchem Tablett wäre das gelandet, von wem serviert
worden?
Wir waren wie
wir geworden, gebracht worden sind, in auswegloser Lage schreiend, ohne äußeren
Anlass wütend, Gefährten des Sturms, wenig zu packen mit Säuseleien und
Schäfchenwolken als Erklärung für des Himmels blutrotem Schrei.
Wir, die angeblich
glasklaren „68er“, als solche benennbar und einfassbare Generation, hätten wir
weniger um uns geschlagen, zerbrochen, davon geblasen, hätten wir unseren
Eigenanteil, das tiefe schwarze Loch in uns, das heimlich, unbewusst ererbte Loch
der Vorfahren, das unserer lieben Verwandten und Bekannten, Eltern und
Großeltern besser gekannt, erkannt, zerpflückt und ausgewertet?
Oder war es
tatsächlich an uns, unausweichlich, ein Höllen- wie Himmelsdienst, den großen
Schrei zu starten, das große Zerwürfnis, das ewige Generationsgemetzel mit Worten
wie Gemeinheiten, so ungerecht wie möglich, so zynisch wie nötig, ein munteres,
geistig anspruchsvolles Spiel vor der Schlacht, vor den Friedhöfen draußen, vor
der Unabwendigkeit gewählter, genutzter Zeiten?
Waren wir
getrieben oder trieb man uns? Welche Worte waren außen vor und warum wir? Die Erben,
die Kinder, die Nutznießer, Frage: wovon?
Was für
Zeiten, das steht fest mittlerweile fest, in denen Füße unter Tischen
gleichbedeutend mit Gefangenschaft und Meinungsabgabe waren, mit Inzucht und Inzest,
mit grabbelnden und drückenden, sich abreibenden Körperbehauptungen, mit
Einvernahme und Drohungen, diesen Zeiten in denen Tische überhaupt hochgeschwungen
wurden über Leben, diverse Schweinigeleien sowie Tod und Freiheit. Wie viele
haben geschwiegen. Wie vielen hängt nach ihr Leid nach der Kapitulation, die
auch Befreiung hätte heißen können?
Was für Zeiten?
Was für Menschen? Was für eine versemmelte Kommunikation!
Und dies so
viele Jahrzehnte lang!
(c) bild + text jörn laue-weltring bad wildungen 2014
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