Donnerstag, 4. April 2013

Frühlingsbegegnung



Er kam mir plötzlich entgegen. Woher er kam weiß ich nicht, nicht, ob er gerade einem Auto entstiegen oder aus einem Seitenweg hierhergekommen war.

Der junge Mann wirkte forsch und zufrieden. In seinen Armen trug er eine Kiste mit 24 Bierflaschen einer sogenannten Premium-Marke, hatte die Kiste so weit nach oben gezogen, dass sein Bauch mittragen konnte.

Seine Augen leuchteten, als wollten sie sagen: „Seht her was ich Euch mitbringe! Ich habe es geschafft! Jetzt gehöre ich dazu, bin endlich erwachsen“ Oder so ähnlich, auf jeden Fall stolz und bereits mit einem Anflug der Hochnäsigkeit gegenüber seiner Mitwelt, die seinen Altersgenossen so häufig in das Gesicht kam, bevor sie noch einen berechtigten Anlass dafür liefern konnten.

Irgendwie erinnerte er mich an die Jungen im brasilianischen Urwald, die mit ihrer ersten Beute zurück in das Dorf kehren, dort von allen begeistert begrüßt und mit einem Fest geehrt. Oder den jungen Honigwabensammler in Indien, der an der hohen Steilwand sein erstes Bienennest gekonnt geplündert hat. Auch dies mit einem Fest gekrönt.

So ein Fest schien auch der junge Mann zu erwarten. Fast wippend und mit gerade gestrecktem Rücken verschwand er an der Seite des Hauses, wahrscheinlich um seine Kiste Bier hinter dem Haus auf der Terrasse zu präsentieren.

Hatte ich nicht genau so bereits Jungen in seinem Alter mit einer Flasche Schnaps am Mund gesehen, mit den gleichen zufriedenen Augen und Gesichtsausdruck? Hatten sich dahin unsere Zeiten geändert, die Jagdreviere, die Beute?

Oder hatte er gerade sein Abitur, seine Gesellenprüfung oder ähnliches mit Erfolg hinter sich gebracht? War das der eigentliche Anlass der Feier?

Als ich weiter ging, hörte ich noch wie hinter dem Haus eine Musikanlage startete mit einem uralten Hit: „For ever young!“

Dieses Gefühl hatte sich demnach nicht geändert und an das konnte ich mich noch genau erinnern, wenn es auch Jahrzehnte zurück lag und damals andere Musik uns Hits lieferte für dieses herrliche Lebensgefühl.

Plötzlich sah ich den Frühling, sah ihn in den Zweigen der Büsche, im beginnenden Grün der Rasenflächen und vorsichtig sich andeutenden Farben in den Knospen der Blumen.

Automatisch begannen meine Schritte zügiger und fester zu werden.

War das die Erklärung für sein Gesicht und seine Augen? Der Frühling?

Ja, der Frühling, der scheint immer noch herrlich, erweckt Natur und mit ihr uns Menschen mit neuem Lebensmut und Sinn. Wie seit Jahrhunderten. Bisher noch unverändert von uns Menschen.

Frühling, ich gönne ihn Dir, junger unbekannter Mann und mir, mir gönne ich ihn erst Recht im Herbst meines Alters. Herrlich, wie meine Schritte mich wieder tragen und auch mein Rücken sich streckt. Jetzt könnte auch ich wieder eine Kiste Bier tragen, egal wohin, zu welchem Fest. Hauptsache Frühling.

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