Freitag, 30. August 2013

Abwechslung

Neulich wurde der Autor mehrerer Werke mal wieder nach einer Lesung in der Buchhandlung gefragt, warum er diese oder jene Geschichte denn geschrieben habe und warum er so verschieden schreibe, bisweilen seine Geschichten so unterschiedlich seien, als kämen sie gar nicht alle von ihm sondern von vielen verschiedenen Autoren?
Müde hatte er erst die Frager, dann auf seine Manuskripte gesehen. Schließlich gab er sich einen Ruck und fragte:
„Lesen sie nur von einem Autor die Bücher oder von mehreren?“
„Von mehreren“, kam übereinstimmend die Antwort.
Er nickte. Und fragte weiter:
„Sehen sie im Kino nur Filme eines Genres oder gehen auch mal in Filme, die mit denen, die sie zuvor gesehen haben, nichts gemein haben?“
Auch da kam von allen die gleiche Antwort, dass sie natürlich unterschiedliche Filme ansehen würden.
Und er fragte weiter:
„Hören sie nur von einem Musiker die Songs oder mögen sie auch da mal die Abwechslung?“
Und wieder antworteten ihm alle, dass sie die Abwechslung lieben würden.
„Eine letzte Frage: gehen sie immer nur in das gleiche Restaurant oder wechseln sie auch mal gerne die Nationalität bei der Herkunft der Gerichte?“
Jetzt wurde die Zustimmung hinsichtlich der Abwechslung laut und eindeutig.
Da nickte er befriedigt zu ihnen hin und erklärte:
„Sehen sie, so geht es auch mir: ich liebe die Abwechslung und freue mich, wenn ich eine Geschichte finde, die ich noch nicht kannte oder eine Form, die ich noch nicht ausprobiert habe oder länger nicht mehr gepflegt. Man schreibt ja nicht aus Liebe zu einer Form, einem Genre oder einem Ton. Ich jedenfalls schreibe aus Neugierde, möchte mich überraschen lassen, reise dabei gerne in neue oder nicht so bekannte Gefilde.“
Da meldete sich ein modisch gekleideter Herr mittleren Alters, der offensichtlich viel Wert auf sein Äußeres zu legen schien.
„Aber, entschuldigen sie bitte, so weiß man bei ihnen ja nie, was einen erwartet!“
„Ist das nicht gut so? Warum sonst sollten sie kommen und mir lauschen oder meine Texte lesen?“
Es gelang ihm nicht alle zu überzeugen. Aber das wollte er ja auch nicht. Er wollte schreiben, einfach nur schreiben, das interessierte ihn. Und der eine mochte es mögen, der andere eben nicht. So lange es genug waren, die ihm das Schreiben finanziell ermöglichten, glaubte er nichts falsch gemacht zu haben.
Der gutgekleidete Herr mochte dennoch keine Ruhe geben.
„Aber dann können sie von uns auch nicht erwarten, dass wir alle ihre Werke kaufen oder gut finden.“
Nun doch etwas verärgert fragte er den Mann: „Wer sagt ihnen denn, dass ich so etwas erwarte?“
Und war froh, dass die Buchhändlerin die kleine Debatte beendete.

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