Sonntag, 8. September 2013

Die Meister des Herbstes



der große Dirigent begann leise
seine Musik des Wassers an den Seen
ließ dann die Flüsse schneller werden
aus kleinen Glitzerhügeln ein wogendes Gebirge
langsam sich hoch wühlen das Meer
erst nur die Blätter rascheln dann
gewaltiger schlagen die Äste der Bäume
die Seen an ihre Uferpromenaden trommeln
die Flüsse ihre Wellen über die Brücken
das Meer mit Schaum über die Dünen
streichen, immer mehr, bis die Dächer der Häuser
wie Beckenklang auf die Straßen prallten
Stämme knackten, barsten, brachen, Mauerecken
erst priffen, dann heulten, Ziegel irrwitzig im Takt dazu
hüpften, Glas knirschte, dann klirrte im Parallelklang
zum Scheppern der Bleche und zerschellendem Porzellan
die Symphonie endlich alle Geräusche einsammelte und
zusammenband, die ihr Komponist zu Wasser und zu Lande
finden konnte und mit sich gerissen hatte, die Zuhörer
erschrecken und vor Angst erstarren ließen
da sogar die Sonne mit dem Mond
zu tanzen schien, eine schwerblütige Dunkelheit
über alles herfiel

bis er dann aber
kleinere Töne, mehr Dur als Moll
hinein zauberte mitten in das größte Getöse
Stampfen und Krachen, wie das Flüstern
der Mäuse auf den Dachböden und ihre
Trippelschritte im Heu, dazu langsam erste
ganz feine Sonnenstrahlen wie Seidenfäden
in der nachtgleichen Schwärze wie Edelsteine
funkelnd, das neues Licht erschien
die Fäden stärker wurden, goldenen Armbändern gleich
auch die Wellen sich streckten, sanfter anschlugen
Äste sich nur noch leicht berührten, Dächer
langsam sich zur Ruhe schaukelten, auf den Seen
ein sanftes Kräuseln nur noch ihre silbernen Tücher
humorvoll glucksend das Meer, so es
das Land kaum noch hörbar verließ, sich verbarg
im Teppich mit tanzenden Kronen aus Schaum
während die Besucher dieses Konzertes
tief durchatmeten, sich ansahen
froh, noch einmal lebend
davon gekommen zu sein
sich in warme Kleidung hüllten
draußen den Rest des Tages zu besehen

später meinten sie nur: „Die Aufräumarbeiten
haben länger gedauert als das ganze Konzert.“
So ist es eben hier seit Urzeiten, der Kunst
fällt es schwer, Gefallen bei den Leuten zu finden
aber vielleicht nimmt sie einfach
auch zu wenig Rücksicht

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