Es
begann kurz nach dem 50ten Geburtstag meines Mannes und entsprechend kurz vor
meinem eigenen 45ten Geburtstag. Vielleicht auch schon früher, aber dann hatte
ich es noch nicht bemerkt.
Mein
Mann bekam den Kratzibasti, erst nur gelegentlich, mit der Zeit regelmäßig und
immer heftiger. Zuerst haben wir beide uns nichts dabei gedacht. Nervosität,
dachten wir, Überarbeitung, Urlaub ist fällig. Was man so denkt am Anfang, wenn
der Kratzibasti auftaucht.
Mit
der Zeit ließ sich aber nicht mehr leugnen, dass der Kratzibasti meinem Mann in
Besitz genommen hatte, immer nachts, jede Stunde für mindestens 5, höchstens 10
Minuten.
Natürlich
hatten wir vorher, also vor seinem 50ten
Geburtstag, keine Ahnung vom Kratzibasti gehabt, nichts darüber gewusst, dass
es ihn gab oder gar wie. Aber als es uns, vor allem mich, das sei hier leise
mal gesagt, so heftig traf, da waren wir schon übelst entsetzt und zuerst
äußerst hilflos und gefangen. Der Kratzibasti trieb seinen Schabernack immer
ärger und doller und wir fühlten uns zuerst nur ausgeliefert und fanden dann überhaupt
keinen Anlass mehr darüber zu lachen.
Mein
Mann kratze sich zu Beginn noch nichts auf, kratzte einfach irgendwo auf seinem
Körper rum und nur das Geräusch allein begann mich zu nerven. Mit der Zeit aber
wachte er blutig gekratzt auf und im Bett nervten ihn die Blutflecken, was dazu
führte, dass wir endlich jeden Tag die Betten frisch bezogen. Schließlich kratzte
er sich von Nacht zu Nacht mehr alle Hautpartien auf seinem Körper auf.
Dieses
Geräusch verfolgte mich bald so sehr, dass ich auch aufwachte, wenn er sich
nicht kratzte. Natürlich ging er zum Arzt, nicht nur zu einem, aber nichts
half. Keiner brachte uns Erlösung. Keiner sprach vom Kratzibasti. Alle hatten
andere Namen und Ursachen drauf. Nur, dass nichts davon uns vom Kratzibasti
befreite.
Wir
wechselten die Waschmittel, ließen Gewürze weg und verspeisten nur noch
hundertprozentig biologische und
keimfreie Ware.
Eines
Tages hatte mein Mann die Nase voll, er verließ mich, räumlich nicht seelisch,
wanderte aus nach Italien ans Meer, aß nur noch von Mamma Italia gefertigte
Speisen, lief in den Bergen dort umher und schwamm in deren Meer. Kaum zu glauben,
aber es hörte auf, die Kratzer wurden weniger und nach einiger Zeit fand er
auch kein frisch getrocknetes Blut mehr in seinem Bett. Da rief er mich zu sich
mit der Bitte, dass wir dort nun unser Zuhause aufschlagen.
Tatsächlich
ging es eine Zeitlang gut und der Kratzibasti war fern. Mit der Zeit aber kam
der Teufel zurück. Und irgendwann hatte er uns wieder völlig in seiner Gewalt.
Als
wir uns vor lauter Verzweiflung gar nicht mehr zu helfen wussten, trafen wir auf
einen Greis, der sein Heim oberhalb der Felsen über dem Meer in einer Höhle
gefunden und ausgebaut hatte. Dem schilderten wir, wie es uns die Dorfbewohner
empfohlen hatten, unser Leid.
Der
lachte daraufhin, umarmte uns und meinte, er hätte lange schon nicht mehr so
einen Spaß gehabt. Empört warfen wir ihm sein sichtbar geringes Mitgefühl vor.
Aber
er kümmerte sich nicht darum und lachte weiter, bis er schließlich nur mühsam
zu Atem kommend zu uns sagte: „Das ist der Kratzibasti, der kommt zu denen, die
zu viel vom Leben wollen. Erfolg im Beruf, Liebe in der Familie, jeden Tat
Glück und Sieg. Der Kratzibasti verzieht sich nur dort, wo die Menschen sich
bescheiden, in sich ruhen und nicht immer der Zeit zu gehorchen versuchen. Ich
lache, weil ihr so ein Superpaar seid, das musste den Kratzibasti einfach
anlocken, versteht ihr?“
Es
dauerte, ehrlich gesagt, etliche Monate und Jahre bis wir zuerst verstanden und
danach anders leben konnten. Aber schließlich war der Kratzibasti tatsächlich
für immer fort, zumindest bis heute.
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