Nikolaus
und Knecht Ruprecht glaubten ihren Ohren nicht. Hatte der Erzengel Gabriel
wirklich gerade zu ihnen gesagt, sie würden altersgemäß in den Vorruhestand „erhoben“
und durch Superman und Batman ersetzt?
„Und
was sagt er da oben dazu?“
„Alles
abgeklärt und von ihm genau so und nicht anders gewollt, Ruprecht. Ja, ja, er
sagte es schon, mit Dir würde das nicht so einfach werden!“
„Wieso?“
„Ja,
bist halt doch ein widerspenstiger Gesell, allzu sehr dem Kritikasten
verfallen, gell?“
„Was
redest Du für‘n Schmarrn mit mir?“
„Lass
Ruprecht, die wollen uns nicht mehr. Der da oben will wohl auf Zeitgeist
spielen, seine Kirchen werden ihm zu leer.“ Der Nikolaus ließ sich resignierend
auf den großen Sack fallen, den Ruprecht neben ihm abgestellt hatte.
„Und
das Christkind?“
„Was
soll mit dem sein, lieber Ruprecht?“
„Wird
das auch schon …?!“
„Nein,
wo denkst Du hin, dafür ist es doch noch viel zu jung. Nein, wir haben ihm eine
Auszeit gegönnt. Nach den vielen Jahrhunderten wohl auch mal Zeit. Es tritt
gerade eine wundervolle Kreuzfahrt mit dieser AIDA an. Bestimmt kann es da eine
Menge über die Wünsche von heute lernen, so nebenbei, neben dem Erholen, meine
ich. Die sollen sogar Las Vegas auf ein Schiff verfrachtet haben mit allem Drum und Dran. Da brauchen die Passagiere nicht mal mehr Landausflüge über sich ergehen lassen. Alles steht ihnen auf dem Schiff jederzeit zur Verfügung. Der Weihnachtsmann übrigens ist, nur so nebenbei, ganz friedlich in seinen Vorruhestand abgedüst. Könntet Ihr doch auch so machen!“
„Was steht ihnen zur Verfügung: Land und Leute oder nur die Glücksspielattraktionen? Und so nimmt das Christkind nach Eurem Willen eine
Auszeit?“, Ruprecht konnte es nicht fassen.
„Und
die Kinder der Menschen da unten, ihre Eltern?“
„Die
warten doch sowieso lieber auf ihren Superman und diesen Batman.“
Nikolaus
zog Ruprecht am Arm.
„Lass,
wenn es der Herr denn so will!“
„Niko,
die Kinder, ihre Eltern! Das kann er nicht wirklich wollen!“
Gabriel
schob sich zwischen die beiden.
„Ruprecht,
was soll mit den Kindern und deren Eltern sein?“
„Die
werfen wir jetzt diesen Konsummaschinen zum Fraß vor. Gabriel, was sollen die
denn von uns denken, wenn selbst wir uns diesem Konsumterror beugen? Was?“
„Sich
freuen halt, auf Superman und Batman! Sonst bleibt doch alles wie gehabt: Sack
auf, Geschenke raus, Sack zu und ab.“
„Aber
ohne meine mahnenden Worte!“
„Wie
kommst Du darauf: das macht jetzt der Batman, passt doch gut, der mit seinem
tiefschwarzem Umhang.“
„Batman?“
„Ja!“
„Und
er da oben glaubt wirklich, so wären sein Nikolausabend und sein Heiligabend zu retten, seine so heiß
geliebte Advents- und Weihnachtszeit?“
„Ja,
er ist völlig überzeugt davon und schon ganz aufgeregt, wie es ablaufen wird.“
„Und
die Kirchen würden so wieder proppe voll?“
„Ja,
unsere Untersuchungen deuten so ein überaus positives Ergebnis an.“
„Untersuchungen?“
„Ja,
haben wir extra in Auftrag gegeben da unten bei einem führenden …“
„Ihr
habt sie doch nicht mehr alle! Ist doch klar, dass so ein Ergebnis dabei
rauskommt. Die leben doch von der Konsumindustrie!“
„Auch
wenn wir hier im Himmel sind, Ruprecht, wäre es nett, wenn Du mich ausreden
lassen würdest.“
„Niko,
komm! Die können mich mal. Ich fahre nach unten und beginne mit der
Bescherungszeit!“
„Halt
Ruprecht! Superman und Batman sind schon unterwegs!“
„Na
und? Auf die warten weder die Kinder noch ihre Eltern! Die wollen von uns ihre Figuren haben,
ja, auch Superman und Batman. Aber von uns, als Spielzeugfiguren und nicht als Ersatz
für uns und das Christkind!“
Jetzt
verfluchte Gabriel, dass er sich bei dem da oben kein Handy genehmigen lassen
hatte. So musste er barfuß hinauf eilen und völlig außer Atem berichten.
Die
Antwort, die er danach erhielt, machte selbst ihn sprachlos.
„Lasse
sie doch, lieber Gabriel. Die da unten pflegen die Marktwirtschaft und den
freien Wettbewerb. Lass uns sehen, wie Nikolaus und Ruprecht sich schlagen.“
„Aber
die Kinder …!“
„Die
werden mit ihrer Marktmacht entscheiden, lieber Gabriel.“
„Wenn
die da unten wüssten“, dachte der Erzengel zähneknirschend und ausnahmsweise
mal in den letzten Jahrtausenden an seinem Herrn leicht aber doch etwas
immerhin zweifelnd.
Zu
seiner mehr als großen Überraschung kamen Nikolaus und Ruprecht nach dem 6. Dezember froh gelaunt und zu Scherzen aufgelegt zurück.
„Na,
wie ist es gelaufen? Ich kann Euch nur sagen, Glück habt ihr gehabt, viel
Glück, dass er da oben Euch das durch gehen ließ.“
„Nein,
Gabriel, Glück haben wir gehabt, weil die Menschen uns haben wollten und nicht
Superman und Batman als unseren Ersatz. Bisweilen solltet ihr hier oben denen
da unten doch mal ein wenig mehr vertrauen.“
„Vertrauen,
denen, die mit ihrer Geldgier seinen Planeten zerstören, seine Kinder
verhungern lassen oder in Kriegen fürchterlich ermorden? Denen?“
Der
Erzengel war außer sich.
„Ja,
stimmt, Gabriel, das richten die an und noch Schlimmeres. Aber in ihrem
tiefsten Herzen ist immer noch ein Kern, der Anlass zur Hoffnung gibt. Und
deswegen wollen sie uns zum Nikolaustag und nicht irgendwelche ihrer von ihnen selbst
gebauten Helden.“
„Bist
Du Dir da ganz sicher Nikolaus?“
„Wir
haben es gerade hinter uns, Gabriel. Am besten Ihr sagt dem Weihnachtsmann und dem Christkind schon mal Bescheid das nichts ist mit einer Auszeit. Da unten werden sie sehnsüchtig erwartet.“
Knecht Ruprecht sah Gabriel fröhlich und voll des Triumphes schelmisch an.
„Ja,
und wie, dass glaubst Du nicht, wie sie die beiden zur Tür hinaus gejagt haben,
zurück in die Kamine geschossen, die Treppen runter geworfen, aus den Kaufhäusern vertrieben mit Wachen und harten Knüppeln. Die sehen jetzt aus wie gerupfte Gänse mit arg verbrannten Federn und haben sich in Batmans Höhle verkrochen, weigern sich laut jammernd und klagend jemals wieder als unser Ersatz hervor zu kommen.“
"Superman und Batman, klagend, jammernd, sich verkrochen?"
„Ja, und das war ein Spaß wie lange nicht. Sogar die Kinder haben sie ausgepfiffen und sich über sie lustig gemacht."
"Die sahen zum Schluss aber auch aus und wie die zitterten!"
Der Nikolaus konnte sich nun ebenfalls ein prächtiges Grinsen nicht mehr verkneifen.
„Aber
meine Herren, wir sind hier im Himmel! Wenn er solche hämischen Worte von ihnen
da oben hört!“
Aber
Gabriels Warnung kam wohl zu spät, denn von oben, von ganz weit oben, da
ertönte ein großes Gelächter wie es der Himmel schon seit Ewigkeiten nicht mehr
erlebt hatte und es war von der Art, dass es alle ansteckte bis nach Nikolaus
und Ruprecht auch der Erzengel Gabriel lachte, so lange und heftig lachte, bis
Petrus selber laut lachend darum bat, endlich inne zu halten, er könne nicht mehr
vor Lachen.
„Diese
Menschen,“ gnugste und gniggerte Gabriel noch eine ganze Weile. „Diese
Menschen!“
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