Freitag, 15. März 2013

Am Schießstand




Dich traf ich im Herbst, frühlingshaft drohende Winter versommernd
als der Tag gerade grau ausgelobt wurde vom Schlußverkauf
der Jahrtausendwende der Marktschreier, der Erbsenzähler Konjunkturphantasten
aller Länder, vereinigt im Rausch der Gewinner der Schlachten
Folter- und Mordstätten unseres sich dem Ende zuneigenden
Jahrtausends der Hexenverfolgungen

kürzer geht es nicht, unseren ersten Augenblick zu schildern
unseren ersten Abend vor der Schießbude des Jahrmarktes
mit dem Klavierspieler und dem Affen, was danach kam, wussten wir nicht
wollten es nicht wissen, konnten es nicht verhindern
nicht daß die Zeit unsere Zeit ausmalte als Horrorkaleidoskop
es war ja nur unser Horror, unsere Angst und Anhänglichkeit

an die Augenblicke der Kultur und Menschlichkeit fernab der Schlachten
so fassten wir uns an, unsere Hände zum Pfand, daß wir, die wir
die anderen, unsere Freunde, längst verloren hatten im Gewühl
des Jahrmarktes der alten Stadt im Herbst ihrer Gefühle, blieben beieinander
erleichtert, den so hoffnungsfrohen, leichtsinnigen Tag
verliebt beenden zu können

Auf einem ausgemusterten Restaurantschiff tranken wir uns zu
in meinem Asyl erlagen wir dem Plattenspieler, der Mike Oldfield‘s
„Tubular Bells“ für uns zelebrierte, die anderen, die aus den Augen
Verlorenen kamen für uns spät genug zurück zum Beginn des Tages
beim Abschied weinten wir leise unsere neuen gemeinsamen Lieder
tranken noch vom Abschiedsschmerz Hoffnung genug, begannen
unser gemeinsames Erleben, mal froh und munter, mal
wie es halt so kommt und pressiert

heute schießen wir beide immer noch gerne auf den Pianisten
freuen uns wenn der Affe getroffen die Trommel schlägt, wissen
bei dem Schießstand muss niemand durch unsere Kugel sterben
oder schmerzen erleiden, keine Trophäe ist zu gewinnen, nur Leben
zu bringen in das, was ewiglich tod und stumm auf dem Rummel
auf die nächsten Schützen wartet, für uns der fröhliche Beginn
der Liebe pur für Jahrzehnte zu Zweit

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