Alle
im Dorf nannten die beiden seit ewigen Zeiten Pat und Patachon, nach alten Stummfilmchen im Fernsehen. Wie sie richtig hießen wusste hier kein Mensch mehr,
vielleicht noch der Pastor, der hier alle 14 Tage die Messe las.
Ihr
Dorf war eigentlich gar kein Dorf, denn der einzige Bauernhof war der von Pat
und Patachon und die und deren Eltern hatten den Leuten aus der Stadt die
Felder verkauft für ihre hübschen Häuschen und Gärten. So war mit der Zeit eine
Siedlung gewachsen, die heute sich Dorf nennen durfte mit Dorfbürgermeister,
neuer Dorfkirche und Dorfkindergarten in dem alten Bauerngarten. Alle Straßen
wurden abends großzügig beleuchtet, die Kanalisation war perfekt und sie hatten
sogar schnellen Internetzugang. Das Dorf hatte den Namen „Heimlingen“ erhalten,
womit auch alle recht zufrieden waren. Was ihnen nun noch fehlte war eine eigene
Dorfschule.
Pat
und Patachon hatten viel Geld für den Ausbau der Kirche und den Kindergarten
gespendet, ansonsten aber mit dem vielen Geld von den Verkäufen nichts anfangen
können. Dafür hatte der Filialleiter der Sparkasse ein paar Ideen gehabt. Nicht
alle waren gut gewesen und so blieb den Beiden nicht viel von ihrem Vermögen.
Ihnen war es recht, mussten sie sich so keine weiteren Gedanken über das Geld
machen. Sie gingen viel lieber Arbeiten, da sie aber nichts gelernt hatten
konnten sie nicht in der Stadt arbeiten an Arbeitsplätzen wie ihre Dorfbewohner.
Dafür pflegten sie deren Gärten, führten in den Häusern kleinere Reparaturen
aus und halfen auch bei den Neubauten als Handlanger.
Eines
Tages aber, zur Mittagszeit, rannte ein kleines Mädchen schreiend durch das
Dorf, lief die geraden Straßen kreuz und quer, fand nicht sein Elternhaus, da
die Straßen doch recht ähnlich aussahen. Schließlich lief es Pat und Patachon
in die Arme. Obwohl es noch mehr schrie, trugen diese das Mädchen in ihr
Bauernhaus und bald schon war nichts mehr von dem Mädchen zu hören.
Die
Dorfbewohner, die gerade frei hatten oder zu Hause geblieben waren, weil sie
eine Krankheit hatten oder der Arzt sie einfach mal krankgeschrieben hatte,
hörten das Schreien des Kindes zwar, dachten sich aber nichts dabei und sahen
auch nicht auf der Straße nach. Kinder schrien nun mal.
Ein
paar Wochen darauf lief ein anderes Kind schreiend durch die Straßen. Diesmal
kamen einige Anwohner vor die Tür, weil sie sich in ihrem Mittagsschläfchen
gestört fühlten. Zwei Männer hatten sogar ihre Luftgewehre aus dem
Schützenverein unter dem Arm. Eine ältere Frau schließlich fing das Mädchen ein
und nahm es zu sich nach Hause. Dort berichtete das Mädchen so Ungeheuerliches,
dass die Alte vor Schreck es zuerst nicht glauben mochte. Dann aber handelte
sie energisch. Sie rief die Polizei an und berichtete, was das Mädchen erzählt
hatte. Die Polizei reagierte sofort, fuhr mit mehreren Polizeiwagen und dem SEK
auf den Hof von Pat und Patachon und durchsuchte das Bauernhaus. Pat und
Patachon verfrachteten sie in das Gefängnis der Stadt.
Den
Polizisten gelang es zwölf kleine Kinder aus den alten Ställen zu befreien. Das
Dorf erfuhr davon noch am gleichen Tag, da die Polizisten sich im Dorf auf die
Suche nach möglichen Eltern machten. Zuerst waren sie nicht sehr hoffnungsvoll,
da es keine Vermisstenanzeigen gab aus dem Dorf. Dann aber meldeten sich doch
mehr und mehr verstörte Eltern, die ihre Kinder nicht in deren Kinderzimmer und
vor den Computern gefunden hatten und nun sehr in Sorge waren. Mit der Zeit
meldeten sich so viele Eltern, dass mehr Kinder vermisst wurden als die
Polizisten gefunden hatten. Aufgrund von Hinweisen der Kinder begann daraufhin
eine große Grabungsaktion rund um das Bauernhaus. Auf diese Weise fanden die
Polizisten auch den Rest der Kinder und bald schon hatten sie alle zu den
Eltern zugeordnet, was aber nicht einfach war. Die Eltern konnten sich nur
ungenau an das Aussehen erinnern. Aber Dank Gen-Tests war das keine große Hürde
für die Polizei.
Das
Dorf war nun entsetzt über Pat und Patachon und deren Verbrechen und viele
meinten, denen noch nie getraut zu haben, zwei Männern ganz ohne Frauen.
Die
Polizei versuchte in den Vernehmungen der Eltern heraus zu finden, warum sie
die Kinder nicht vermisst hatten. Aber alle fragten nur ihrerseits: „Wann denn?
Warum denn? Die hatten doch alles, Zimmer, Essen im Kühlschrank, Mikrowelle,
Spielsachen, Computer, Spielconsole, einfach alles und dazu jede Menge an Freiheit!“
Der
Bürgermeister seinerseits verbrauchte viel Kraft um die Polizei dazu zu
bewegen, die Fragen sein und sein Dorf wieder in Ruhe zu lassen. Es sei doch
nicht viel passiert, die Täter gefasst, alle könnten wieder ruhig schlafen,
also was wolle man noch.
Das
Dorf liegt sehr weit entfernt von hier und nur so ist es mir erklärbar, was
dort geschah. Bei uns unvorstellbar, so etwas. Als wenn unsere Eltern nicht
mehr wüssten, was ihre Kinder treiben.
Was
die beiden Täter zu den scheußlichen Verbrechen getrieben und was sie mit den
Kindern angestellt haben? Besser, Sie wissen es nicht und werden es nie
erfahren, liebe Leser, glauben sie mir. Sie wollen das gar nicht wissen, es
würde sie verfolgen bis an ihr Lebensende, jede Nacht.
Seien
wir lieber froh, dass es so weit weg von uns geschah und kümmern wir uns lieber
um unsere Kinder.
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