Freitag, 22. Februar 2013

2 Männer allein

Es begab sich aber zu unserer Zeit in unserer Stadt in einem Einfamilienhaus draußen in den Pendlersiedlungen, dass ein Mann, der frisch von seiner Frau geschieden war nichts besseres zu tun wusste als seinem Nachbarn von Gegenüber einen Besuch ab zu statten. Man ließ ihn auch sofort ein, sie aßen zusammen Abendbrot und danach stellte die Frau dem Besuch und ihrem Mann Gläser und ein Sixpack Bier hin. Dann verließ sie das Wohnzimmer. Sie schloss die Tür leise und fest hinter sich zu. Die Männer sahen einen Moment stumm zur Tür hin.
„Tolle Frau hast Du!“ machte sich schließlich der Besuch bemerkbar. Der Gastgeber schreckte auf. Er war nach dem Abendessen immer müde und nicht gewohnt einen Besuch neben sich zu haben. „Ja?!“ sagte er, weil er höflich sein wollte.
„Ja, sieht klasse aus, ist nett, intelligent, Du bist ein echter Glückspils, Nachbar.“
Dieses mal reichte es bei dem Hausherrn nur zu einem „Mh!“
„Aber hast Du nicht manchmal Angst, dass sie einem anderem gefallen könnte und er sie Dir wegnimmt?“
Jetzt wurde der Gastgeber wacher, sah erstaunt zu seinem Besuch hin. „Wie meinst Du das? Ach so, weil Dir das mit Deiner Frau passiert ist?“
„Nein, nein, wir hatten uns schon lange auseinandergelebt und im Bett war nichts los, verstehst Du. Bei Euch ist das anders, sie ist attraktiv, liebevoll. Wirkt irgendwie perfekt.“
„Was meinst Du mit irgendwie, sie ist perfekt. Jedenfalls für mich.“
„Und das macht mich stutzig. So viel Glück gibt es doch gar nicht auf einmal.“
„Wieso nicht“, jetzt wurde der Gastgeber doch etwas ärgerlich. Am liebsten hätte er sofort das Thema gewechselt.
„Na, schau Dich doch an: Du bist in die Breite gegangen, Deine Haare werden weniger und müde wirkst Du auch. Sie dagegen ist fit und munter, sieht immer schick und jung aus.“
„Ja und, ich arbeite halt hart, damit wir uns das alles hier leisten können.“
„Sicher, aber was ist, wenn Du nur ihr Versorger bist und ein anderer ihr den Rest gibt.“
„Wie, den Rest?“
„Na, Liebe und Sex, Lachen und Bummeln, was weiß ich. Was Frauen sich halt so wünschen.“
„Mit einem anderen Mann?“
„Ja!“
„Meine Frau?“
„Ja, ich meine ja nicht, dass es so ist, aber es könnte doch sein.“
Der Gastgeber hatte auf das Thema keine Lust mehr und schwieg in der Hoffnung, der andere würde das Thema wechseln.
Der Besucher fing aber wieder an.
„Ist Dir in letzter Zeit nichts aufgefallen, zum Beispiel, dass sie regelmäßig weg ist oder vor Dir zum Telefon läuft?“
„Nein, überhaupt nicht. Können wir uns nicht über was anderes unterhalten?“
„Ist es Dir unangenehm? Ist da doch was? Wo ist Deine Frau zum Beispiel jetzt? Macht sie das jeden Abend, dass sie Dich hier alleine lässt?“
„Ja, natürlich macht sie das. Ich bin ja doch nur müde und schlafe ein.“
„Und wie lange bleibt sie weg?“
„Wie lange? Ein bis zwei Stunden, dann weckt sie mich wieder. Ich gucke dabei nicht auf die Uhr.“
„Ein bis zwei Stunden, das reicht doch dicke!“
„Wozu reicht das?“
„Na, um Dich zu betrügen. Nimm mal an, sie hat jemanden in der Nachbarschaft, da braucht sie nur schnell aus dem Haus, zu ihm rüber und husch ins Körbchen.“
„Ins Körbchen?“
„Jja, und dann, na Du weißt schon.“
„Meine Frau?“
„Ja, vielleicht. – Sag mal, bist Du jeden Abend so müde?“
Der Gastgeber war erleichtert über den Themenwechsel und nickte. „Ich finde es ja auch nicht schön. Früher hatte ich das nicht. Aber die letzten Jahre …! „
„Und ihr esst jedes Mal vorher, und dann wirst Du müde?“
„Ja, kommt wahrscheinlich auch vom Essen. Vielleicht sollte ich es tatsächlich mal mit Salat und Joghurt versuchen, schlägt sie mir auch immer vor.“
„Salat und Joghurt?“
„Ja.“
„Aber Du magst weder Salat noch Joghurt?“
„Salat meinetwegen, zum Mittagsessen. Aber Joghurt auf keinen Fall.“
„Dann kann sie Dir das ja beruhigt vorschlagen.“
„Wieso?“
„Na, sie kann doch sicher sein, dass Du ihren Vorschlag nicht annehmen wirst.“
„Und was hätte sie davon?“
„Dass Du nicht merkst, dass sie Dir zum Abendessen Schlafmittel verabreicht. In dem Tee zum Beispiel.“
„Schlafmittel im Tee? Was habt ihr denn für eine Ehe geführt?“
„Ich sagte doch schon, bei uns war das was anderes. Nein, im Ernst, überleg doch mal: Früher warst Du abends munter, heute bist Du müde und zwar immer dann, wenn sie für ein bis zwei Stunden weg ist. Du schläfst auf der Couch und bemerkst nichts. Keine Haustür, nicht, dass sie nicht da ist. Perfekt.“
Der Gastgeber richtete sich auf, sah seinen Besuch an wie ein unheimliches Gespenst, das er gerne verscheucht hätte. Er schüttelte den Kopf, aber nur zögerlich. Der Zweifel und die Eifersucht hatten sich in ihm eingenistet.
Der Besucher sah das und versuchte ihn zu beruhigen. „Muss ja nicht sein, ich mein ja nur, es könnte sein.“
„Und wenn es so ist, was mache ich dann?“
„Weiß ich auch nicht. Andererseits, ich könnte ja mal ein Auge auf sie werfen.“
„Bloß nicht, kommt gar nicht in Frage. Sag mal, oder bist Du es?“
„Was bin ich?“
„Na der, der meine Frau ins Körbchen …!“
Da ging die Tür auf und die Ehefrau kam zurück.
„Ihr habt ja gar nichts getrunken! Schatz, ich hätte jetzt gern‘ ein Bier. Ich bin geschafft.“
„Wieso?“ fragte ihr Mann und sah sie misstrauisch an, suchte in ihrem Gesicht nach Spuren des Körbchens.
„Wieso wieso? Ich habe die Küche wie jeden Abend sauber gemacht und die Kinder ins Bett gebracht, ach ja, und die Betten habe ich auch noch schnell frisch bezogen. Das mache ich doch immer, wenn Du Dein Nickerchen machst, Dummerle!“ Dabei setzte sie sich zu ihm auf das Sofa, küsste ihn auf seine kleine Glatze und schenkte sich selber ein Glas ein, da ihr Mann sich nicht traute. Seine Hände zitterten und er wusste nicht mehr was er von allem halten sollte.
Sein Besuch stand auf und verabschiedete sich. Bei der Tür flüsterte er seinem Gastgeber leise zu: „Du glücklicher. Ach, ich beneide Dich, nein Euch beide!“
Der Ehemann sah ihn aber nur verwirrt an und fragte zurück: „Wieso?“
Der Besucher hätte ihm sagen können, weil auch schlappe und dumme Männer bisweilen von tollen Frauen geliebt werden. Aber auf die Idee kam er nicht. Er zog nur neidisch von dannen. Und wenn er nicht wieder geheiratet hat, nervt er andere immer noch.

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