„Tolle Frau
hast Du!“ machte sich schließlich der Besuch bemerkbar. Der Gastgeber schreckte
auf. Er war nach dem Abendessen immer müde und nicht gewohnt einen Besuch neben
sich zu haben. „Ja?!“ sagte er, weil er höflich sein wollte.
„Ja, sieht
klasse aus, ist nett, intelligent, Du bist ein echter Glückspils, Nachbar.“
Dieses mal
reichte es bei dem Hausherrn nur zu einem „Mh!“
„Aber hast Du
nicht manchmal Angst, dass sie einem anderem gefallen könnte und er sie Dir
wegnimmt?“
Jetzt wurde
der Gastgeber wacher, sah erstaunt zu seinem Besuch hin. „Wie meinst Du das?
Ach so, weil Dir das mit Deiner Frau passiert ist?“
„Nein, nein, wir
hatten uns schon lange auseinandergelebt und im Bett war nichts los, verstehst
Du. Bei Euch ist das anders, sie ist attraktiv, liebevoll. Wirkt irgendwie
perfekt.“
„Was meinst
Du mit irgendwie, sie ist perfekt. Jedenfalls für mich.“
„Und das
macht mich stutzig. So viel Glück gibt es doch gar nicht auf einmal.“
„Wieso nicht“,
jetzt wurde der Gastgeber doch etwas ärgerlich. Am liebsten hätte er sofort das
Thema gewechselt.
„Na, schau
Dich doch an: Du bist in die Breite gegangen, Deine Haare werden weniger und
müde wirkst Du auch. Sie dagegen ist fit und munter, sieht immer schick und
jung aus.“
„Ja und, ich
arbeite halt hart, damit wir uns das alles hier leisten können.“
„Sicher, aber
was ist, wenn Du nur ihr Versorger bist und ein anderer ihr den Rest gibt.“
„Wie, den Rest?“
„Na, Liebe
und Sex, Lachen und Bummeln, was weiß ich. Was Frauen sich halt so wünschen.“
„Mit einem
anderen Mann?“
„Ja!“
„Meine Frau?“
„Ja, ich
meine ja nicht, dass es so ist, aber es könnte doch sein.“
Der Gastgeber
hatte auf das Thema keine Lust mehr und schwieg in der Hoffnung, der andere
würde das Thema wechseln.
Der Besucher
fing aber wieder an.
„Ist Dir in
letzter Zeit nichts aufgefallen, zum Beispiel, dass sie regelmäßig weg ist oder
vor Dir zum Telefon läuft?“
„Nein,
überhaupt nicht. Können wir uns nicht über was anderes unterhalten?“
„Ist es Dir
unangenehm? Ist da doch was? Wo ist Deine Frau zum Beispiel jetzt? Macht sie
das jeden Abend, dass sie Dich hier alleine lässt?“
„Ja,
natürlich macht sie das. Ich bin ja doch nur müde und schlafe ein.“
„Und wie
lange bleibt sie weg?“
„Wie lange?
Ein bis zwei Stunden, dann weckt sie mich wieder. Ich gucke dabei nicht auf die
Uhr.“
„Ein bis zwei
Stunden, das reicht doch dicke!“
„Wozu reicht
das?“
„Na, um Dich
zu betrügen. Nimm mal an, sie hat jemanden in der Nachbarschaft, da braucht sie
nur schnell aus dem Haus, zu ihm rüber und husch ins Körbchen.“
„Ins Körbchen?“
„Jja, und
dann, na Du weißt schon.“
„Meine Frau?“
„Ja,
vielleicht. – Sag mal, bist Du jeden Abend so müde?“
Der Gastgeber
war erleichtert über den Themenwechsel und nickte. „Ich finde es ja auch nicht
schön. Früher hatte ich das nicht. Aber die letzten Jahre …! „
„Und ihr esst
jedes Mal vorher, und dann wirst Du müde?“
„Ja, kommt
wahrscheinlich auch vom Essen. Vielleicht sollte ich es tatsächlich mal mit Salat
und Joghurt versuchen, schlägt sie mir auch immer vor.“
„Salat und
Joghurt?“
„Ja.“
„Aber Du
magst weder Salat noch Joghurt?“
„Salat
meinetwegen, zum Mittagsessen. Aber Joghurt auf keinen Fall.“
„Dann kann
sie Dir das ja beruhigt vorschlagen.“
„Wieso?“
„Na, sie kann
doch sicher sein, dass Du ihren Vorschlag nicht annehmen wirst.“
„Und was
hätte sie davon?“
„Dass Du
nicht merkst, dass sie Dir zum Abendessen Schlafmittel verabreicht. In dem Tee
zum Beispiel.“
„Schlafmittel
im Tee? Was habt ihr denn für eine Ehe geführt?“
„Ich sagte
doch schon, bei uns war das was anderes. Nein, im Ernst, überleg doch mal:
Früher warst Du abends munter, heute bist Du müde und zwar immer dann, wenn sie
für ein bis zwei Stunden weg ist. Du schläfst auf der Couch und bemerkst
nichts. Keine Haustür, nicht, dass sie nicht da ist. Perfekt.“
Der Gastgeber
richtete sich auf, sah seinen Besuch an wie ein unheimliches Gespenst, das er
gerne verscheucht hätte. Er schüttelte den Kopf, aber nur zögerlich. Der
Zweifel und die Eifersucht hatten sich in ihm eingenistet.
Der Besucher
sah das und versuchte ihn zu beruhigen. „Muss ja nicht sein, ich mein ja nur,
es könnte sein.“
„Und wenn es
so ist, was mache ich dann?“
„Weiß ich
auch nicht. Andererseits, ich könnte ja mal ein Auge auf sie werfen.“
„Bloß nicht,
kommt gar nicht in Frage. Sag mal, oder bist Du es?“
„Was bin ich?“
„Na der, der
meine Frau ins Körbchen …!“
Da ging die
Tür auf und die Ehefrau kam zurück.
„Ihr habt ja
gar nichts getrunken! Schatz, ich hätte jetzt gern‘ ein Bier. Ich bin
geschafft.“
„Wieso?“
fragte ihr Mann und sah sie misstrauisch an, suchte in ihrem Gesicht nach
Spuren des Körbchens.
„Wieso wieso?
Ich habe die Küche wie jeden Abend sauber gemacht und die Kinder ins Bett
gebracht, ach ja, und die Betten habe ich auch noch schnell frisch bezogen. Das
mache ich doch immer, wenn Du Dein Nickerchen machst, Dummerle!“ Dabei setzte
sie sich zu ihm auf das Sofa, küsste ihn auf seine kleine Glatze und schenkte
sich selber ein Glas ein, da ihr Mann sich nicht traute. Seine Hände zitterten
und er wusste nicht mehr was er von allem halten sollte.
Sein Besuch
stand auf und verabschiedete sich. Bei der Tür flüsterte er seinem Gastgeber
leise zu: „Du glücklicher. Ach, ich beneide Dich, nein Euch beide!“
Der Ehemann
sah ihn aber nur verwirrt an und fragte zurück: „Wieso?“
Der Besucher
hätte ihm sagen können, weil auch schlappe und dumme Männer bisweilen von
tollen Frauen geliebt werden. Aber auf die Idee kam er nicht. Er zog nur
neidisch von dannen. Und wenn er nicht wieder geheiratet hat, nervt er andere
immer noch.
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