Sonntag, 17. Februar 2013

In unserem Land angekommen





Eine Frau sitzt still auf einem Hochbett. Sie weint leise, sehr leise, nicht hörbar leise. In den Händen hält sie ein Blatt Papier mit einem Text in einer Sprache, die sich nicht versteht. Um sie herum fluchen tausend Sprachen.

Sie kamen am Tag. Sie kamen in der Nacht. Sie raubten die Hühner. Sie stahlen das Saatgut. Sie schrien herum. Sie schlugen zu.
Sie kamen am Tag. Sie kamen in der Nacht. Sie nahmen den Mann um ihn zu foltern. Sie nahmen die Tochter um sie zu vergewaltigen. Sie schlugen ihren Sohn einfach tot. Sie ließen sie zu sehen und nahmen sie sich zum Schluss vor.
Sie kam am Tag.  Sie kamen in der Nacht. Sie verbrannten das Dorf. Sie verbrannten die Felder. Sie trieben das Vieh weg. Sie drückten den Kindern Gewehre in die Hand. Sie sagten: erschießt die Alten. Sie nannten sich irgendeines Gottes Krieger.
Sie kamen am Tag. Sie kamen in der Nacht. Sie kamen immer wieder.

Auf dem Hochbett sitzt die Frau still und weint leise. Sie weint sehr leise, nicht hörbar leise. Hier kennt sie keiner gut genug um zu sehen, wie sie weint. Sie hält ein Blatt Papier fest in ihren Händen. Sie sieht es nicht an. Sie versteht die Sprache nicht. Weiß nur, dass es bedeutet, sie muss wieder fliehen. Um sie herum fluchen tausend Sprachen. Was hilft es ihr, dass sie nicht alleine ist auf ihrer Flucht.


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