Mit
98 Jahren war es auch für ihn soweit, durfte er vom Leben hinüber zum Tod, in
seinem Fall in den Himmel wechseln wo ihn Petrus, Gabriel und ihre Helfer
bereits aufgeregt erwarteten.
Sie
hatten, was nur äußerst selten geschah, höchstens alle 50 oder 100 Jahre einmal,
einen großen Empfang vorbereitet, für ihn, dem großen Koch und Kochkritiker, hatten
sie extra eine bombastische Küche aufgebaut, in der jetzt viele kleine Englein
zappelig vor Nervosität herumflatterten, bereit ihm bei seinem ersten Himmelsmenü
zu helfen.
Der
so erwartete Koch schlug die Augen auf, vermutete sofort, im Himmel gelandet zu
sein und endlich befreit von seinen irdischen Zipperlein, schlug also freudig die
Augen auf, sah die Küche und begann sofort hemmungslos zu schluchzen. Es
durchschüttelte sein ganzes Seelengewand und war so stark, dass Petrus zu ihm
hin sprang in der Sorge, er könne von der Wolke gerüttelt werden.
„Lieber
Herr! Was ist mit Ihnen. Ist Ihre Freude so groß, auch hier bei uns eine ihrer
phantastischen Küchen vor zu finden?!“
Der
Mann hörte tatsächlich sofort auf mit dem Flemmen, bekam ein ernstes
Seelengesicht, fürchterlich ernst und brüllte unvermutet los:
“
Habt Ihr sie noch alle! Wollt Ihr mir das hier antun? Ich denke, ich bin im Himmel
und du schaust auch eher wie der Petrus als wie der Teufel aus, mal ganz
abgesehen von diesen Flatterwesen zwischen den Töpfen und Pfannen. Das ist, …
das ist Folter! Jawohl! Eines Himmel des Satans ist das!“
Besorgt
hatte der Erzengel Gabriel den Koch beobachtet und schob Petrus nun sanft zur
Seite.
„Lieber
Herr! Es gibt viele hier oben, die behaupten ohne Eure Anwesenheit und die
Eurer Künste sei das gar kein Himmel.
Einige
wollten ohne sie gar nicht hierher und lieber in der Hölle warten bis zu Ihrem Erscheinen.
Sagen Sie uns, was wir falsch gemacht haben und ändern sollen. Wie kommen Sie
überhaupt auf Folter?
Positiv
überraschen wollten wir Sie, nichts weiter.“
Der
Koch sah sich um, in ihre Engelsgesichter und knurrte: „Nun gut, dachte Ihr wüsstet
hier oben wie es uns da unten so geht. Wisst Ihr nicht?“
Gabriel
und Petrus schüttelten beide betrübt den Kopf. „Ihr seid zu viele geworden,
stützen uns deswegen auf Facebook, Twitter und überhaupt das Internet.“, sagte
Gabriel und Petrus ergänzte:“Wir haben aber ein QM-System, das regelmäßig
Stichproben bei den Menschen direkt macht. Bei Differenzen handeln wir
natürlich sofort.“
„Ja“,
betonte Gabriel,“ die Kundenzufriedenheit steht bei dem Alten und noch mehr
seinem Sohn sehr hoch im Kurs.“
Petrus
nickte. „Und die Mutter nicht zu vergessen, sehr streng, sehr streng!“
Der
berühmte Koch nickte. Das kannte er. Hatte also auch hier dies Unwesen ewigem
Controllings und Erfolgdrucks schon Einzug gehalten.
Neugierig
geworden fragte er, ob denn auch das resultierende Phänomen „burn out“ sich bei
den Engeln auch schon eingestellt habe.
Da
lachten alle und ein Engel, der auf der Herdplatte saß und mit seinen Flügeln
dabei keck wippte, rief: „Aber Herr! Wir sind doch keine Menschen!“
Nun
wollten alle aber endlich wissen, warum er so reagiert habe.
Und
er beichtete ihnen sein Leben.
Jahre,
ja Jahrzehnte habe er für eine bessere Kochkunst und Ernährung gekämpft, alles
riskiert, zu Beginn sogar Knast, die Lächerlichkeit und das Hungertuch.
Mit
der Zeit aber hätten immer mehr Menschen gefallen an seinen Erkenntnissen
gewonnen, eine große Zeitung ihn regelmäßig veröffentlicht und die
Fernsehsender hätten sich mit der Zeit um ihn gerissen.
Er
aber hätte lieber nur seine Bücher und Artikel geschrieben. „Wollte ja
eigentlich Journalist oder Schriftsteller werden bis mir das Essen auf die
Nerven fiel, vor allem der Fraß meiner Landsleute.“
Aber
dann das, heute, sie sollten sich mal umsehen auf Erden.
„Da
haben Sie gesiegt, auf der ganzen Linie“, meinte Petrus begeistert. „Völlig,
ganz klarer Sieger! Auch wir hier bewundern sie für das Wunder, sogar der Sohn
meinte, hätte er auch nicht besser wundern können.“
„Doch,
doch hätte er! Sie verstehen nichts!
Was
sie da im Fernsehen und an Büchern sehen, sagt ja gar nichts!
Gut,
die Restaurants sind besser geworden. Aber je mehr Kochshows es gibt, umso
schlechter ernähren sich die Leute. Die sitzen davor und fressen ihre Tiefkühlpizzas
und Pepperchips! Fürchterlich. Die Kinder werden dick und dicker.
Aber
vor allem mir ist aufgrund dieser entsetzlichen Entwicklung das Essen
vergangen, völlig, die letzten Jahre habe ich mich von Müsli und Trockenbrot ernährt,
nichts mehr gekocht.
Umso
erfreuter war ich, dass Sie mich endlich hoch geholt haben. Ich dachte, dass
ich hier nichts kochen und auch noch essen muss!
Verstehen
Sie, und da treffe ich als erstes im Himmel auf dieses überflüssige Monstrum
da! Kein guter Koch braucht so ein Protzomobil. So etwas haben da unten Leute,
die nicht wirklich kochen, nur angeben wollen. Weg damit, weg!“
Kaum
hatte er es ausgesprochen, war die Küche auch schon verschwunden. Die Engel
plumpsten etwas hart auf die Wolken und der Koch atmete erleichtert auf.
„Danke,
jetzt, meine Herren und Ihr niedlichen Engel, dürft Ihr mich begrüßen und zu
euch führen.“
Petrus
und Gabriel sahen sich ratlos an. „Wohin mit dem“, dachten sie. Schließlich
fragten sie ihn:
„Wir
wissen nicht recht wohin, eine Abteilung für Journalisten und Schriftsteller
haben wir hier nicht. Denen geht es wie Ihnen, wollen keine Zeile mehr
schreiben und auch keine entsprechenden Geräte mehr sehen. Die Maurer wollen
nicht mehr Mauern und die Maler nicht mehr malern.“
„Halt,
warten Sie und die Bildhauer nicht mehr bildhauern. Richtig?“
Sie
nickten.
„Dann
möchte ich ganz einfach so wie diese Künstler auch nur noch nichts tun, das
fehlte mir auf Erden völlig.“
Der
Koch strahlte sie an und sah sich am Ziel seiner geheimsten Wünsche angekommen,
die zu erfüllen er sich auf der Erde nie getraut hatte.
Aber
Gabriel und Petrus wirkten noch betrübter. „Wir können im Himmel leider auch
nicht alle Wünsche erfüllen, schon gar nicht den.
Muße
und Entspannen, das geht nur in Ihrem Leben da unten, was sie wohl nicht sehr
dafür genutzt haben, … gar nicht?
Oh
je! Ja, dann tut es uns noch mehr leid. Dann haben sie die höchste Stufe doch
nicht erreicht.“
„Wie,
höchste Stufe, „Muße“ nur auf Erden? Was ist das hier für ein Himmel?“
„Also
…“
„Nein,
Herr Petrus, das kann nicht sein. Ich dachte es geht um „Liebe deinen Nächsten“,
„ehre Vater und Mutter“, „sollst nicht töten“ und sagen Eure Mönche nicht
sogar: Nur“ ora et labora“! Seht Ihr, nix von „Muße“!!
Von
Muße war in Euren Geboten, ja dem ganzen Buch nie die Rede!“
„Stimmt“,
versuchte Gabriel ihn mit sanfter Stimme zu beruhigen.“Sie haben ja so recht.
Aber, es ist nun mal so, also der Vater hat Ihnen das Gehirn auch gegeben,
selber Wichtiges damit zu entdecken …“
„Und
nicht nur für schräge Manipulationen an seiner Schöpfung!“ fiel Petrus etwas
verärgert ein, weil der Koch ihn so einfach unterbrochen hatte.
„Aha“,
fiel dem Koch darauf nur noch ein. „Und die Muße …!“
„Ja,
die müssen die Menschen schon selber entdecken und mit dieser Erkenntnis und
Entwicklung von Fähigkeit, Muße kann man ja nicht sofort, gelangt man zur
höchsten Stufe, denn nur der wirft sein vom Vater gegebenes Leben nicht einfach
weg oder verschludert es!“
„Keine
Chance hier für mich die Muße …?“
Beide
schüttelten den Kopf.
„Ja,
was dann?“
„Tja,
wie es im Buch der Bücher steht, den ganzen Himmelstag von der Wolke aus jubilieren
und loben den Vater mit seinem Sohn und der Mutter!“
„Da
habt ihr uns Menschen ja was Schönes eingebrockt!“
„Wir“,
Petrus sah den Koch voll himmlischen Verständnisses an. „Ihr, Ihr Menschen habt
uns allen das eingebrockt! Auch wir hatten uns das mit dem Himmel anders
vorgestellt, Sie können in einer Pause ja mal den Sohn nach seinen Plänen
fragen. Die würden Ihnen gefallen. „
Da
kam dem Koch ein Hit aus seiner Erdenzeit in die Seele: „Dieser Weg wird kein
leichter sein …, dieses Leben bietet so viel mehr!“
Und
ließ sich plötzlich müde, sehr müde zu seiner Wolke führen und zeigen von den Engeln
wie das mit dem Jubilieren und Hochloben zu machen sei.
Oft
noch musste er darüber nachdenken: „Muße, wie soll da einer unten drauf kommen?
„Muße“, wie denn, ja da werden sich wohl noch viele böse überrascht umgucken
hier oben. Wer kann das denn, Muße?!“
Und
jedes Mal fiel ihm der Song dazu ein: „dieses Leben bietet so viel mehr.“
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