Freitag, 17. Mai 2013

An der Kreuzung



Wir trafen uns nach längerer Zeit und hatten spontan beide das neue Café an der Kreuzung im Nirgendwo zwischen unseren Wohnorten vorgeschlagen. Und da hockten wir nun zufrieden, bedienten uns am Büfett und sahen durch die große Fensterfläche zur Kreuzung hin.
Ein LKW nach dem anderen glitt dort vorbei. Früher, als Kinder, hätten wir wahrscheinlich Strichlisten geführt mit den Herkunftsstädten und Herkunftsländern der Transporter.
Im sogenannten gesetzten Mannesalter sahen wir nur stumm ihnen nach und schüttelten den Kopf. „Wahnsinn!“, „Ja!“
Wie war das zu stoppen. Der Brenner, ja, der ist schon lange Verstopfungshöhepunkt, Und die Autobahn zwischen Hannover und Osnabrück der reinste Wahnsinn.
Dann diese Baustelle zwischen Hamburg und Bremen, eine unendliche Wand von LKWs Stoßstange an Stoßstange, mühsames, gestresstes Vorbeischieben. Hatte wirklich kein Vergnügen bereitet.
„Blumen aus Amsterdam!“ Ja, da kamen sie auch noch her, vom Flughafen oder aus Rotterdam aus den Schiffen in Containern. Und dann rauf auf die LKWs und die Straßen.
Jetzt wollen sie die Kanäle reaktivieren, erweitern, Brücken hochsetzen. Ja, alles Wahnsinn.
Egal was wir kaufen, tausende Kilometer drin, hin und zurück, erst als Teilchen, dann als Ganzes. Ja und das mit allem was transportieren kann und Kraftstoffe verbraucht. Viel Kraftstoffe.
Und dann noch dahin, wo es gar nicht gebraucht wird, mit Schleuderpreisen auf die Märkte getrieben und alles andere platt gemacht. Ja, mit allem, Schuhen, Klamotten, Fleischresten, allem.
Sahen wir so den LKWs hinterher, schwiegen, sprachen, schwiegen, fühlten uns plötzlich älter, schwerer und ohnmächtig, Fäuste geballt neben den leergegessenen Tellern.
Wollten wir nicht! Nein, so nicht! Was dann? Was nun?
Wieder mehr regional produzieren! Ja! Regional und lokal, vor Ort, was vor Ort möglich ist.
Bringt auch bessre Arbeitsplätze! Ja!
Wie dahin kommen? Vorurteile abbauen, wir wollten zurück in die Steinzeit. Ja! Wünschten uns altes ärmliches Bauerndasein zurück. Tun wir nicht! Nein!
In Bayern gibt es Modelle! Ja in Baden Württemberg auch! Und in Niedersachsen? Wenig!
Sollte geändert werden. Neue Regierung! Ja, durch die neue Regierung! Zum Beispiel durch finanzielle Unterstützung regionaler Herstellerbünde und Genossenschaften, wie im Süden. Ja!
Was noch? Schwer zu vermitteln! Nicht mal gedichtetauglich. Nee, nicht lyrisch zu fassen. Und Bilder? Schwierig, durch Collagen vielleicht. Sperriges Thema. Ja!
Weltweit! Ja!
Auch bei einsetzender Dämmerung riss der Fluss an LKWs nicht ab. Wir starrten durch die Scheiben und tranken einen letzten Tee.
Wahrscheinlich aus Indien?! Oder Sri Lanka? Bangladesch soll auch welchen ausführen. Ja, aber Tee wächst hier bei uns nun wirklich nicht. Nein, Tee nicht. Und Kaffee auch nicht! Nein! So wenig wie Bananen. Die müssen schon über den Ozean!
Aber Äpfel, die nicht! Oder Birnen, Erdbeeren!
Hopfen gibt es wieder satt in Bayern. Demnächst also mal auf Bier? Ja, auf ein Bier!
Die Nacht an der Kreuzung nahm uns auf mit ihrem LKW-Gebrumm. Mühsam schlängelten wir uns in die Kolonne ein. Er nach da und ich nach hier. Dann war das Treffen vorüber und wir fort, das Gebrumme der Brummis noch lange im Ohr.

Keine Kommentare: