Sonntag, 29. September 2013

Eine ungeahnte Nebenwirkung






















Es geschah seit Jahren. Seit wann genau, wusste sie nicht. Es hatte einfach irgendwann angefangen, als sie beide die vierzig überschritten hatten.
Und es geschah jede Nacht. Sie meinte, sogar den Wecker danach stellen zu können.
Erst knarrte es kaum hörbar neben ihr und sie spürte seine Bewegung, wie er sich neben ihr vorsichtig und leise, um sie nicht auf zu wecken, erst aufsetzte, dann aufstand und ebenso leise aus dem Schlafzimmer schlich.
Sie wurde trotz dieser Behutsamkeit seitens seiner Bemühungen schon bei dem ersten Geräusch wach, schlief aber wieder leicht ein, nicht tief, denn sie wurde sofort wieder wach, wenn er leise zurück in ihr Schlafzimmer und um das Bett zu seiner Schlafseite schlich.
Sie bewegte sich nie, gab nicht zu erkennen, dass sie ihn hörte, durch ihn wach geworden war, dachte auch nicht wirklich darüber nach, warum eigentlich.
Vielleicht wollte sie ihn nicht verletzen, vielleicht aber auch nur nicht in Gänze erwachen, weil es ihr danach schwer gefallen wäre sofort wieder in ihren Tiefschlaf zu gelangen.
Er legte sich mit den kleinen, nur für sie hörbaren Geräusch ins Bett zurück in das Bett, flüsterte:“Ich liebe Dich!“, berührte dabei ganz leicht, kaum aber doch als warmer Hauch spürbar, ihren bloß liegenden Arm und schlief weiter. Auch sie schlief sofort nach dem „Dich“ wieder ein, tief und fest.
Trotzdem tat ihr Mann ihr leid, dass er jede Nacht zur Toilette musste, auch wenn er sich nie darüber beschwerte, aber das taten Männer ja sowieso nicht so gerne, machten lieber auf starke Kerle, es sei denn sie bekamen Schnupfen, Husten oder Bauchschmerzen.
Also ging sie zu ihrem Hausarzt und ließ sich ein Pulver gegen Harndrang verschreiben. Das gab sie ihm noch am gleichen Abend zu trinken. Es sei gesund, sagte sie und trank selber mit, hatte in ihrem Glas aber etwas ganz anderes.
In dieser Nacht schlief sie schlecht. Noch vor der Zeit, in der gewöhnlich das Bett neben ihr leicht zu knarren pflegte, lag sie wach und dies über eine Stunde lang.
Als sie endlich wieder einschlief, geschah dies unruhig und mit verwirrenden Träumen.
Das wiederholte sich nun Nacht für Nacht und sie wurde immer unausgeschlafener, bis es auch ihm auffiel und er sich besorgt erkundigte, was denn los sei. Bei der Gelegenheit berichtete er ihr, dass er jahrelang nachts habe Pinkeln müssen, dies wundersamer Weise seit ein paar Tagen aber nicht mehr. Er habe ihr nie davon erzählt, da es ihn nicht wirklich gestört habe. Im Gegenteil. Er habe sich jedes Mal gefreut, sie neben sich spüren zu können und sei deshalb wohl immer wieder sofort eingeschlafen.
Während dieser kurzen Wachphase aber habe sie immer gut und tief schlafend da gelegen. Ob sie vielleicht statt seiner nun jede Nacht?
Sie musste weinen bei diesen Worten von ihm, erklärte aber nichts, ließ an diesem Abend nur das Getränk gegen Harndrang weg und siehe, es wurde wie all die Nächte in den jahren davor. Sie wachte erst auf, als er sich bewegte und schlief wieder ein nach dem er „Ich liebe Dich!“ geflüstert hatte.

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