E.
D. hockte leicht nach vorn gekrümmt im Nichtraucherabteil des Triebwagens
Nummer 8524 derweil sein geerbter Federkeil kratzend das von Trockenheit
gewellte Papier eines marmorierten in Fadenheftung gehaltenen Notizbuches aus
Taiwan dergestalt füllte, dass seine Schrift es mit kantig gestochenen Linien verzierte,
als ihn eine dem optischen Anschein und seiner Meinung nach junge Frau, ihrer
Kleidung nach vielleicht eine Auszubildende in einer Bank oder eine im Vorfeld
schon angepasste, zielgerichtet gekleidete Schülerin eines Gymnasiums,
vielleicht sogar einer Privatschule, was E.D. hinterher nicht aus zu schließen
sich traute, ihn mit dem Knöchel ihres rechten Daumens anstieß:
„Wolfenbüttel!“
sagte, wahrscheinlich, nein eher offensichtlich zu ihm, der so ganz in
seinen Taten auf den Flächen seines Buches vertieft war, in sein von diesem
Ausbruch an Sprache zutiefst erschrockenes Gesicht. Und es kam bei ihm an, wie
damals vor den wissenschaftlich gezählten 200 Jahren seit der Veröffentlichung
von Goethes Werther oder dem ältlichen Dichterfürst selbst zu seiner Zeit das
Wort „Klopstock“, dessen literarische Werke im Gefühlshaushalt seines dem E.D.
sehr bekannten Jahrhunderts, weil von ihm geliebten, äußerst wortreich zu
wühlen verstand, weit entfernt von der Qualität in der Charlotte hingehaucht
hatte, was des armen Werthers Liebe Ursache wurde und seinem darauf fast
zwingend erscheindem Selbstmord, was auch viele junge Zeitgenossen nach dessen
Lektüre so in sich verspürten und nach Drucklegung und Auslieferung des Werther
rasch gezielte Taten folgen ließ, derart dass sie sich vornehmlich gemäß der im
Werther beschriebenen Vorgehensweise ums Leben brachten. Dessen ungeachtet E.D.
sich zusammenriss, nicht seinen Körper mitsamt von seiner Mutter so mit Mühe
gepflegten Bekleidung aus den Zug in nicht genau zu erahnende Unbilden warf,
statt dessen nach kurzem Zögern, was mit dem Schließen des fadengehefteten
Notizbuches verbunden war, für ihn sicheren Boden versuchte zu entern mittels
dessen was ihm als Sprache zur Verfügung stand: „ Wolfenbüttel?“
Leider
verspürte er bei dem Vorgang des Aussprechens des Namens des Ortes auf dessen
Bahnsteigen seines von ihm, E.D. stark erhofften ordentlich vorhandenen
Bahnhofes er seine Reise zu beenden plante und zu vorübergehendem Aufenthalt
bereit in einem Hotel, wie der Veranstalter der Lesung es ihm angeboten hatte
in kargen Veranstalterworten, von jeder Poetik weit entfernt und den
Sehnsüchten eines Lebens wie es auch E.D. gerne für sich gelebt und genossen
hätte., einen Frosch wie es seine Zeitgenossen und die vor ihnen zu benennen
pflegten in seinem Hals wo er oder sie, da wäre mal ein Nachdenken angebracht,
eine längere Disputation und Recherche im Sprachenland der Befindlichkeiten,
kratzte und dazwischen quakte obwohl mehr wie ein Pfeifen es ihm schien, so
dass er, E.D., seine Frage meinte wiederholen zu müssen: „Wolfenbüttel?“
Das
Wesen ihm gegenüber, Auszubildende oder Schülerin oder was auch immer, das zu
entscheiden ihm nicht der rechte Ort und Zeitpunkt erschien, nickte und die von
ihm so ankommunizierte frauliche Gestalt wusste ihrerseits nicht, was sie von
dem nach ihrer mehr spontanen, dem Alter geschuldeten Meinung nach ca.
30jährigen Goldbrillenträger mit knallrotem Rucksack im Gepäckhalter über ihm
und seiner eher konservativ grün-grau gehaltenen Bekleidung halten sollte.
„Ich
begleite Sie lieber“, bot sie ihm trotz ihrer Ungewissheit bezüglich seiner
Person und seiner Ehrhaftigkeit vielleicht auch Verschrobenheit an, was er
seinerseits völlig überrascht und doch sofort dankbar und in kleiner, sanft aufkeimender
Weise seiner Gefühle für sie und ihr Angebot dankbar annahm, diese Dankbarkeit
ihr auch mit seinem verlegen auszusehendem Lächeln anbot, wesentlich gefasster
bereits als nach ihrem Hinweis in seine stringend erarbeiteten Gedanken:
„Wolfenbüttel!“
Er
verlief sich äußerst ungern in ihm fremden Städten und Straßen. Umso sicherer
fühlte er sich, als sie sich bei ihm einhakte und mit sich zog, was allerdings
nicht bei dem ihm anvisierten Hotel sein gutes Ende nahm, im Gegenteil in einem
Wohnhaus, aus dem ihm die Flucht vor Jahren gelungen war, aber trotzdem gut,
weil weich und warm und körperlich und seelisch äußerst nah, dazu noch sein
körperliches Wohlbefinden nach allerlei Bewegungen, die ihm lange nicht mehr so
vergönnt gewesen waren. Er schloss sein fadengeheftetes Büchlein mit den Worten:
„Und es geschah und ich wundere mich noch heute, dass es mir so wunderbar
geschehen konnte, kannte ich sie doch so wenig wie sie mich und es geschah in
der Stadt Wolfenbüttel, dem literarisch verewigten „Krähenwinkel“ des Autors
Keller und keine Krähe störte uns oder hielt uns ab von unserem so plötzlich
aufflammendem Verlangen. Unser wahrscheinlich, nein eher offensichtlich daraus
entstanden Kind, gaben wir den Namen D.B., angemessener, so wie wir jeder für
sich und wir zusammen in Gänze nicht hätten können unserer Liebe so sichtbar
freudig krähender Geburt Neues aus uns gemeinsam in körperlicher und seelischer
Vollendung weil Vereinigung erliebten Gestrampelts und Gerampelts und somit
auch seines kaum Tribut zollen und Achtung und Ehre seinem so von uns erzeugt getauften
Leibes darzubringen vermögen hätten können.“
Was
sich nicht sucht findet sich trotz alledem wie es scheint allwerwegen hätte er
noch in seiner ihm gemäßen Schreibweise schlüsslich anfügen können wenn er denn
vielleicht nicht doch lieber wild und unreif entschlossen ohne Fass und Boden
zu sehen zu den Taten gewechselt wäre oder gewechselt sein könnte und alle
Konjunktive für dem hinter sich und sie lassend so sich und sie ab sofort für
alle unverschränkten Taten bereit sein sich ein zu bringen ohne der
Schlangenlinien Verzagtheit formidablen altertümlichen Gestalt ohne Gehalt.
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