Wir suchten
uns eine freie Bank, was gar nicht so einfach war, denn fast auf jeder Bank saßen
ältere Leute und sprachen miteinander, sahen vor sich her oder zu anderen hin.
Schließlich
fanden wir ein Plätzchen, eine Mauerkante in einem Steinrondell.
Auf dem Weg
kam ein Punkerpärchen daher. Sie schienen sich zu streiten. Ihr Gesicht hatten
sie beide mit Schmuck verziert.
Mein alter Freund
begann von sich zu erzählen:
„Du weißt ja,
hab‘ immer gerne geschrieben. Das mache ich seit zwei Jahren nur noch.“
„Hm, schön
für Dich. Das freut einen doch. Ich gehe immer noch 5-mal die Woche ins
Stahlwerk. Bin jetzt Schichtführer.“
„Hätte ich
damals ja nicht gedacht, dass Du es mit dem Job so lange aushältst.“
„Ich auch
nicht“.
Das
Punkerpärchen hörte auf zu streiten. Der junge Mann lief weg von ihr auf die
Wiese hinter uns.
„Also, ich
schreibe jetzt für Funk und Fernsehen, ganz aktuell, in der Sprache und so.
Klassisch kannst Du heute ja nichts mehr erzählen. Sonst zappen die weg.“
„Wer zappt
weg?“
„Na, die
Zuschauer, die vor dem Radio. Ein Klick und Du bist nicht mehr dabei.
Ich sage Dir,
Du musst heute jeden Tag neu lernen, neue Worte und eine ganz andere Sprache.
Lol, prämobiler Scannerfurz, digitaler Ferkelcloud und sowas. Oder
mittelgradige depressive Periode, heißt im Volksmund Born out. Du musst faken, didschen,
Kicks erzeugen und aufpassen, dass du dabei nicht verblödest. Mit jedem Wort nen Spruch, keine Zeile Langeweile, alles neu
und unverbraucht, manchmal finde ich es zum Kotzen.“
„Und warum
erzählst Du nicht trotzdem einfach mal wieder auf meinetwegen altmodische Art
so wie früher Deine Geschichten? Die haben Dir doch erst den Erfolg gebracht?“
„Ach, Du hast
ja keine Ahnung. Geschichten? Viel zu lang. Gedichte? Viel zu kompliziert.
Ernsthaft? Bloß nicht. Die Leute wollen lachen, brauchen Gags. Zack, zack, zack muss das gehen. „
Der junge
Mann kam zurück, in seinen Händen ein paar Gänseblümchen. Er überreichte sie
ihr und kniete direkt vor uns sich vor sie hin. Wir hörten ihn irgendwas auf
Türkisch sagen. Sie strahlte ihn an und er stand auf, nahm sie in den Arm. Sie küssten sich lange und von den Bänken
sahen alle fasziniert genau wie wir zu ihnen hin.
„Ach ja, noch
mal so wie die beiden einfach jung sein, verliebt und auf das Leben vertrauen!“,
sagte mein alter Freund und stand auf.
„Ich muss! Hast
Du eine Visitenkarte? Nein? Hast Du Dein Handy dabei? Auch nicht. Hast keins.
Mh, dann musst Du mir Deine Nummer aufschreiben, hier meine Karte.“
Ich schrieb
ihm meine wahrscheinlich altmodische Festnetznummer auf und ließ ihn fortgehen
ohne feste Verabredung. Das Pärchen hatte schein‘s genug geküsst und ging
eingehakt weiter.
„Altmodisch“,
dachte ich. „Was ist das?“ und genoss noch ein wenig die warmen Sonnenstrahlen
und das Treiben der Menschen im Park um mich herum.
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