Er kam mir
plötzlich entgegen. Woher er kam weiß ich nicht, nicht, ob er gerade einem Auto
entstiegen oder aus einem Seitenweg hierhergekommen war.
Der junge
Mann wirkte forsch und zufrieden. In seinen Armen trug er eine Kiste mit 24 Bierflaschen
einer sogenannten Premium-Marke, hatte die Kiste so weit nach oben gezogen,
dass sein Bauch mittragen konnte.
Seine Augen
leuchteten, als wollten sie sagen: „Seht her was ich Euch mitbringe! Ich habe
es geschafft! Jetzt gehöre ich dazu, bin endlich erwachsen“ Oder so ähnlich,
auf jeden Fall stolz und bereits mit einem Anflug der Hochnäsigkeit gegenüber
seiner Mitwelt, die seinen Altersgenossen so häufig in das Gesicht kam, bevor
sie noch einen berechtigten Anlass dafür liefern konnten.
Irgendwie
erinnerte er mich an die Jungen im brasilianischen Urwald, die mit ihrer ersten
Beute zurück in das Dorf kehren, dort von allen begeistert begrüßt und mit
einem Fest geehrt. Oder den jungen Honigwabensammler in Indien, der an der
hohen Steilwand sein erstes Bienennest gekonnt geplündert hat. Auch dies mit
einem Fest gekrönt.
So ein Fest
schien auch der junge Mann zu erwarten. Fast wippend und mit gerade gestrecktem
Rücken verschwand er an der Seite des Hauses, wahrscheinlich um seine Kiste Bier
hinter dem Haus auf der Terrasse zu präsentieren.
Hatte ich
nicht genau so bereits Jungen in seinem Alter mit einer Flasche Schnaps am Mund
gesehen, mit den gleichen zufriedenen Augen und Gesichtsausdruck? Hatten sich
dahin unsere Zeiten geändert, die Jagdreviere, die Beute?
Oder hatte er
gerade sein Abitur, seine Gesellenprüfung oder ähnliches mit Erfolg hinter sich
gebracht? War das der eigentliche Anlass der Feier?
Als ich
weiter ging, hörte ich noch wie hinter dem Haus eine Musikanlage startete mit
einem uralten Hit: „For ever young!“
Dieses Gefühl
hatte sich demnach nicht geändert und an das konnte ich mich noch genau
erinnern, wenn es auch Jahrzehnte zurück lag und damals andere Musik uns Hits
lieferte für dieses herrliche Lebensgefühl.
Plötzlich sah
ich den Frühling, sah ihn in den Zweigen der Büsche, im beginnenden Grün der
Rasenflächen und vorsichtig sich andeutenden Farben in den Knospen der Blumen.
Automatisch
begannen meine Schritte zügiger und fester zu werden.
War das die Erklärung
für sein Gesicht und seine Augen? Der Frühling?
Ja, der Frühling,
der scheint immer noch herrlich, erweckt Natur und mit ihr uns Menschen mit
neuem Lebensmut und Sinn. Wie seit Jahrhunderten. Bisher noch unverändert von
uns Menschen.
Frühling, ich
gönne ihn Dir, junger unbekannter Mann und mir, mir gönne ich ihn erst Recht im
Herbst meines Alters. Herrlich, wie meine Schritte mich wieder tragen und auch
mein Rücken sich streckt. Jetzt könnte auch ich wieder eine Kiste Bier tragen,
egal wohin, zu welchem Fest. Hauptsache Frühling.
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