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Freitag, 17. Januar 2014

auf der Suche nach Dächern am Horizont



geboren
aufgewachsen in Städten
wo nur die Häuser wachsen
und sich wiegen die Gräser
auf Trümmergrundstücken
verlorener Kriege

komme ich
aus den Wänden
Bewanderer der Straßen
den Blick nie nach oben
meist geradeaus
auf den Boden gerichtet
seitlich verkrallt
in das was hinter Scheiben
Spaziergänger
in die Räume lockt

irre ich ratlos
umher zwischen
Baumstämmen
Büschen
unsicher
wofür der Blick
sich dort lohnt
stolper ich
an Feldern vorbei
Wiesen
auf der Suche
nach Dächern
am Horizont

auf der Flucht
vor den Dämonen
meiner Zeit
ich, Stadtgeborener
frabrikverwöhnt
leistungsverschworen
klammere mich an Wände
Türen
überlasse den Fenstern
die Natur da draußen

in den Räumen
meiner selbst

(c) bild + text jörn laue-weltring lingen 2013

Dienstag, 22. Oktober 2013

Böen im Nebelrausch


Herbstböen schlagen auf nassen Asphalt züngeln
um die Ecken der müden Gassen Alterssteinzeit
durchforsten uns auf dem Weg ins gefrorene Neonlicht
unter dem kaltlächelnden Mond halbversteckt

hinter seinen Dämmerwolken ein Flugzeug gelenkt
über das versiegelte Land durchkreuzt von Autobahnen
mancher nun vergeblich um Verlorenes stiller weint

horchen wir nur noch hastig ob ein Plan sich erfüllt
ein Sterben uns neue Grabsteine aufzwingt horchen
und reden wir uns warm entkommen den Nebeln knapp

vielleicht bis Morgen in dieser Stadt gotischer Turmhoheit


Montag, 23. September 2013

Bleibend aber was



manch bleibende Stadt ich fand
die eine kaum mit Vergangenheit
die andere wenig Zukunft in sich hat

nur der Zustand ihrer Mauern
was gut gefugt wohl bleibt
was schlecht gemörtelt bricht
hier und da erstes Glas der Fenster splittert
trügerisch manch Dach im Sonnenlicht
geborstene Stufen im Treppenaufgang
bleibt doch allemal mehr hier
als nach dem endgültigen Abgang von mir
hier, wo nichts ruht, Zeit rast
mit harten Reifen hastig um die Ecken
ohne Rücksicht auf den Gegenverkehr

fand ich geblieben wie
bleibend manche Stadt
für mich ein Leben
mit Mauern satt
auf ihren Bahnhöfen meine Freunde
die Züge in ein anderes Land
fand ich stets die Gassen
die meine Spuren nicht verraten
ein paar Wesen
für Abendklatsch und Widerstand
viel Wärme Leib an Leib
trotz der kalten Winde
über dem Asphalt

ja, hier bleiben
aber was, mit wem, wohin
manch bleibende Stadt ich fand
die eine kaum mit Vergangenheit
die andere wenig Zukunft in sich hat

Freitag, 20. September 2013

Stadtbummel zwischen Toten



Da starten wir gut
genießen unser
altes Fachwerk
als Einsprengsel
im sonnenroten Klinkermeer
der Neuzeit
gebliebene Zeit
zu gehen
zu bleiben
in dieser Stadt



erreichen uns schwach
im Weiterschreiten
aus der Ferne
Quietschen, Hämmern, Bohren
zerrissen von Sirenen
Krankenwagens Zeit
genießen gewärmt
von Spätsommersonnenstrahlen
den einen Augenblick
seine Möglichkeiten
der Blickwinkel
Perspektivwechsel
unaufgeregt entspannt



zwischen Gestern
Hier und Heute
abgezäunt zugewuchert
ein Mausoleum
längst verstorbene
Vergangenheit
abgelegt am Rande
des jüdischen Friedhofs
verlorener Steine
zerschlagener Platten
lockt uns das Tuckern
eines Kahnes
zum Spaziergang am Kanal
den Blick in die Ferne
zu der Himmelsmöwen
luftigem Tanz



die Gedanken so
verglättet
lasse wir uns fangen
von Strauch, Baum und Wellen
lassen uns tragen
wie die Enten
auf blauem Kräuseltuch
verweilen
bis auf dem Grund
der Blick sich tastet
zu neuem Weg



den Möwen folgend
umkreisen wir die Stadt
während der Sommer
am Himmel uns
an seine Vergänglichkeit
verweist
warten die Schiffe im Hafen
auf ihre große Fahrt
blicken von ihnen zur Stadt
spüren die Zeiten
unterschiedliches Leid
gespalten wie verschieden
die Erinnerung
das Bleiben
das Gehen
wie die Grabsteine
neben den Wegen
den Himmel der längst
noch nicht alle Wolken
für uns getragen hat



bleiben Kirche und Altäre
wie gehabt
aber was noch
hat hier Bestand
ist auf dem Weg
neues Festland
zu entdecken
noch von nichts verwüstet
und abgefüllt



wer ist bereit
aus ungebrochenen Kinderherzen
mit der Alten Kunst
und Verstand
das Steuer um zu drehen
für eine angenehmere Fahrt
mit mehr Aussichten
vor der Zeit unter den
Grabsteinen hier
ihren Blumenbeeten
in dieser Stadt?



(c) Bilder und Text: Jörn Laue-Weltring, Lingen 2013

Freitag, 3. Mai 2013

Wem gehören unsere Steine



wem gehören unsere Häuser
in den Stuben ihre Gerüche
wer schläft darin für uns aus
bewirtet der Fremden Besucher

halten wir uns ängstlich auf
wärmen unsere müden Füße
wer erwärmt uns die Steine
wer verspinnt die Fenster

wo sind ihre Architekten
vergessen auch die Bauleute
wie die Träume vom Beginn
untergebuddelt weggemauert

am Geruch letzter Bäume
erkenne ich keinen Wald
im Meer der Klinkersteine
bilden sich keine Ozeane

in unserem Stadtgestrampel
rufen dröhnend die Straßen
selten noch sich die Nachbarn
Ohren, Mund und Nase

verschließen wir im Spind
bevor uns die Arbeit hier
zwischen diesen Mauern
ganz vom Leben ablenkt

wieso legen alle hier nur Steine
den anderen in den Weg
schleppt jeder seinen Findling
unüberwindlich, kalt und hart

wem gehören unsere Häuser
in den Stuben ihre Gerüche
wer schläft darin für uns aus
bewirtet der Fremden Besucher

Mittwoch, 24. April 2013

Findling vor meiner Stadt

sitze auf meinem Findling
vor der Stadt meines Lebens
rieche den Rauch fühle ihre
Schatten tief in mir ihr Geläut

warte auf Zeichen auf Dich
das was uns hier festhält
dass Herz füllt die Zukunft
sicher erscheinen lässt

sitze ich hier auf meinem Findling
die Füße gebohrt in ihren Lehm
die Hände ausgestreckt
nach ihren Frühlingswirren

warte auf das Tönen der Fabriken
ihre hastigen Schritte bei dem Versuch
uns alle hier gut zu ernähren
das Leben zu ermöglichen

sitze ich hier auf meinem Findling
so geschaffene Häuser fest im Blick
Kinder Wege durch ihre Schulen
Radfahrstreifen und Diskotheken

frage mich nach Euroständen und
was bricht uns auch hier das Genick wo
die herausgefallen sind aus der Stadt
verbittert an mir vorüber ziehen

sitze ich hier auf meinem Findling
zähle unsere Jahre in ihr an Fingern ab
die Freunde die Erlebnisse was
sie insgesamt uns alles gebracht haben

stelle fest das Haben stelle fest
das Soll zufrieden hier auf dem Findling
nach so vielen Jahren in der Stadt
die uns willkommen geheißen hat

sitze ich hier auf meinem Findling
mit dem Blick auf ihre Silhouette
wo sich so viel verändert hat wie
in den meisten Städten wie im Land

hat sie unsere Kritik ertragen, davon
sich vieles wieder fand in ihren Taten
unsere Freundschaft brachte Anerkennung
ohne die man in keiner Stadt leben kann

sitze ich hier auf meinem Findling
allein und doch nicht alleine schon gar
nicht alleingelassen mit meinen Träumen
und der Sehnsucht auf ein Zuhause

mein Versuch von Heimat Vaterstadt

Freitag, 29. März 2013

Mein Lingen



im Takt der Zeit wuchert eine vernaschte Stadt
wo träge platte Schiffe grüßen vom alten Kanal

an den Auen der hier besonders verhuschten Ems
wirklich allerfeinste Kuchen jeder Art die Frauen backen

zu jedem festlichem Beisammensein und Stand bereit
bisweilen dröhnig begrüßt von rußigen Schornsteinen

der Schrottlieferanten, aussortiertes Futter für das Stahlwerk
Kraftwerke mit milchig breiter steil aufsteigender Wolke

den Fernverkehr vom atomaren Leichtsinn, der aber der Stadt
das Säckel reichlich füllt, Kilometer weit grüßen

lässt man sich’s gut gehen, solange es damit weiter
so spendabel läuft, nichts Schlimmeres geschieht als die

immer wieder alle erschreckenden dunklen Wolken
ihrer in der Stadt großzügig verteilten Chemiewerke

fliehen sie beizeiten schon mit ihren Fahrrädern
aller Edelmarken in das vermaiste Land, stellen sich unter

bei den langgestreckten Schuppen der Masttierställe
heben ihre stets griffbereiten Gläser zum Trunke

der manchen ihrer Kinder den liebevoll dekorierten Grabstein
viel zu früh beschert wie die gut besuchten Trauergottesdienste

Montag, 25. März 2013

Gefesselter Homo Causalis




Ins Dickicht der Städte verhakt
in die Leidenschaften ihrer Bewohner
Universum zerrt Homo Causalis 
am Schrei des einseitigen Fortschritts
seiner verhüllten Worte und Gedanken
gefesselt

ans Firmament unserer Träume
dünner Versprechen im Gestrüpp
der Städte verlandeten Schlangenlinien
unserer Zeit Gebrechen im Zenit
wankelmütiger Gedanken
gefesselt

du und ich mancher noch
der frei sich wähnt einsam kriecht
unter die Decke unserer Städte Landschaften
von ihrem Anblick ihrem Weiter so hingegeben
dem „Ich lebe ja noch!“ wenn auch
gefesselt

im Tau aus Angst Verlust Hass
nie befreit vom Kindseinsjoch
der Vergeblichkeit manches Bemühens
im Hiersein vergangener Zutaten
übel aufgemischt zukunftsfroh verhangen
gefesselt

befreit nur von den Fesseln
der Freiheit unbekanntem Ziel
seufzt, stöhnt Homo Causalis
der Entfesselung seiner Gedanken Träume
entgegen am Sanftnimmerleinstag
der Fesseln gedenkend die ihn geboren
seiner Zeit voraus in Gehorsam Angst
gefesselt

wer uns so band zu binden wusste
das Leben zu meiden am Ende
Homo Causalis selbst sich so engmaschig
fesselte

ohne Gefühl für Tag und Raum
ihrem Geschenk als Homo Sapiens
seines eigenen Glückes Schmied zu sein
entfesselt stattdessen nur in seinen Maschinen
Robotern elektronischen Bildreflexen
Monsterbauten zum endlichen Beweis
der Kausalität seiner Existenzberechtigung

als hätte irgendwas irgendwann im Universum auf
diesem wunderbaren Planeten ihn je danach gefragt