Wir treffen uns zur emsländischen "blues-night" in der alten
Scheune der kleinen Siedlung Twist mitten im Moor. Die Scheune nennt sich
Heimathaus, ist für uns Blues-Freaks hier im Lande auch so etwas geworden.
Heute ist Anne Haigis angesagt.
Einigen von uns bekommt die Rente inzwischen ganz gut. Die Häuser fast
alle abbezahlt, die Kinder aus dem Haus, die einen geschieden, Singleclowns auf
der Suche nach Leben, wir anderen gesättigt von Reisen und Touren. Aber hier
ist für uns die Zeit stehen geblieben, sind wir wieder jung, frech, knackig
unsterblich, wie unsere Musik. So begrüßen wir uns, gelöst, irgendwie angekommen,
nur noch von Ärzten gequält.
Ja, auch Anne Haigis ist rundlicher geworden und wie die meisten von uns
ganz in schwarz gekleidet. Imposant wie früher füllt sie die Bühne und den Raum
aus.
„Hello again“ hätte Howard Carpendale gesungen.
Hier sind wir wieder einmal da, wo wir immer bleiben wollten, die Nächte
hindurch bis zum frühen Morgen. Heute treffen wir hier unsere alten Helden, die
wir uns damals meist nicht leisten konnten. Aber die stets mühsam dem jugendlichen
Geldbeutel abgeknöpften LPs stehen noch in unseren Ikea-Regalen. Wie
liebgewordene alter Pullover, kaum benutzt aber ja nicht entsorgen.
Sogar der Bierpreis ist hier nur doppelt so hoch wie damals. Wie schön.
Es ist dunkel und eng in dem Oldie-Schuppen und viele der Gäste haben seit
damals wohl keine neue Kleidung gefunden. Rauchen aber ist jetzt draußen, irgendwie
fehlt dadurch was in der Luft, zu klar ist der Durchblick. Lässt sich mit ein
paar Bieren aber schnell beheben.
Die Sängerin lächelt während sie uns begrüßt: „Willkommen in the middle
of nowhere!“ Dann singt sie ein Lied der verstorbenen Kölnerin Trude Herr,
wunderbar depressiv. Unser Applaus ist ihr gewiss.
Draußen im barschen Winterwind warten die Rollatoren.
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