„Aua“
Ein anerkannter, mit vielen Preisen dekorierter Autor saß
vor dem PC und sah erschrocken hoch. Wer wagte es ihn da bei seiner
literarischen Schwerstarbeit zu stören?
„Du tust mir weh!“
Er beschloss, sich nicht weiter darum zu kümmern. Hier war
niemand. Hier war nie jemand. Das fand er ja so schön an seinem Beruf, der
eigentlich eine Berufung war, dass er ihn ganz für sich alleine ausüben konnte,
ohne den Kontakt mit irgendeinem Menschen dabei aus halten zu müssen.
Also feilte er weiter an der Endfassung seines nächsten Werkes.
„Das war jetzt mein rechter Fuß! Lass das!“
Sollte er sich wirklich nach diesem Störenfried umsehen?
Nein.
Andere Kollegen liebten ja mehr den Fluss des Runterschreibens,
er nicht. Das war für ihn nur das Rohmaterial, das er nach den Ergüssen, so
nannte er seine Schreibanfälle selbst, aber nur für sich, mit Lust, Ausdauer,
wochenlang, ja monatelang feilen, hobeln,
schmirgeln, eben verändern konnte. Darin lag seine Kunst und die für ihn einzig
wahre Beschäftigung eines echten Literaten.
„Und mein Gesicht, was hast Du mit meinem Gesicht gemacht?
Man erkennt ja kaum noch etwas von mir!“
Waren es die Nachbarsjungen, diese Lausbuben mit einem neuen
Streich? Die mochte er, vielleicht weil er sie nur von Ferne ertragen musste
und bisweilen, das gab er zu, konnten sie ihn sogar zum Schmunzeln bringen und
das eine oder andere Mal hatte er sogar herzhaft gelacht.
„Jetzt hör aber auf! Das ist meine Liebste, die nimmst du
mir nicht … Au nein, was machst Du da aus ihr, das ist doch kein Mensch
mehr! Hast Du keinen Respekt vor uns,
unserem Leben und unseren Gefühlen, Du Barbar!“
Kritiker waren ihm schon immer egal. Also weiter. Der
Abgabetermin nahte und er wollte das Buch unbedingt auf der großen Messe in Frankfurt präsentieren
können. Vielleicht gab es ja wieder einen Preis.
Manchmal sah er sich als einen Friseur beim Haareschneiden
und Gestalten einer Frisur, nur dass bei ihm nichts auf den Boden fiel und
weggefegt werden musste. Von so etwas
verstanden viele Kritiker, ja, leider auch Leser, doch nichts. Er wusste, dass seine Bücher seines Namens
wegen mehr verschenkt als gelesen wurden. Aber was sollte ihn daran stören,
wenn er hier durch sie gut bezahlt sitzen konnte und in Ruhe hobeln und feilen.
„Jetzt beschneidest Du den schönen Baum, Du Ignorant, und
die Wiese, stumpf, tod, was machst Du da nur?!“
„Feilen“, antwortete er im Stillen für sich. „Feilen und Hobeln,
da fallen halt die Späne!“
Fast zu seiner Überraschung schwieg nach den nächsten
Begradigungen und Sanftschliffen die Stimme. Hatte er sie besiegt? Ach was, ein
dummer Jungenstreich mehr nicht.
Er würde den Termin wieder einmal einhalten. Zufrieden
fuhr er den PC runter, freute sich obwohl er wusste, dass er am nächsten Morgen
weiter hobeln und feilen würde, da ihn jeden Tag etwas am Text reizte es neu aus
zu gestalten und zu komprimieren.
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